Verzahntechnik und Automationssysteme

10 Jahre Bin Picking bei Liebherr

Beim Bin Picking, auch „Griff in die Kiste“ genannt, entnimmt ein Roboter unsortiert bereitgestellte Teile aus einem Behälter und führt sie der weiteren Bearbeitung zu. Ein Wegbereiter für die industrielle Anwendung der anspruchsvollen Technologie ist die Liebherr-Verzahntechnik GmbH. Das Kemptener Unternehmen bietet industrietaugliche Lösungen, die sich für den Einsatz in vielen Branchen eignen. Ein Blick auf die Geschichte der Erfolgstechnologie und ihr Zukunftspotenzial.

Vor etwa zehn Jahren begann die Geschichte des „Griffs in die Kiste“ bei Liebherr: Teil eines Großauftrags für zwei Fertigungslinien war die Automation des Linieneingangs mittels Bin Picking. Die Technologie steckte damals noch in den Kinderschuhen. „Liebherr wollte diesen Auftrag unbedingt haben“, erzählt Jürgen Groß, Vertriebsleiter Zellen und Flexible Fertigungssysteme bei Liebherr. Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) entwickelte Liebherr eine Gesamtlösung: „Fraunhofer hatte das Technologie-, wir das Applikations-Know-how. Damit konnten wir den Auftrag erfolgreich realisieren.“

Anspruchsvolles Bin Picking

Der „Griff in die Kiste“ ist eine der anspruchsvollsten Anwendungen in der Industrieautomation. Die Entnahme ungeordnet bereitgestellter Teile aus Behältern und ihre korrekte, orientierte Ablage in einen Werkstückträger ist für das menschliche Gehirn ein Kinderspiel – für den Roboter hingegen ist es eine Herkulesaufgabe, da sie aufgrund der „chaotischen“ Ausgangssituation ein komplexes Zusammenspiel zwischen Bilderkennungssystem, Software, Greiftechnik und Roboter erfordert.

Für Unternehmen lohnt sich die Anwendung aus zwei Gründen: Erstens steigert die Automatisierung mit flexiblen Robotersystemen die Produktivität und senkt die Stückkosten. Und zweitens wird das Bedienpersonal von monotonen und anstrengenden körperlichen Tätigkeiten entlastet und kann wertschöpfende Aufgaben übernehmen. Allerdings erscheinen die vermeintlichen Herausforderungen des Bin Picking gerade kleineren Unternehmen oftmals als Hürde.

Anders als viele andere Anbieter liefern wir nicht nur Software und Objekterkennungssysteme, sondern kennen auch die Anforderungen der Applikationsseite genau.

Jürgen Groß, Vertriebsleiter Zellen & Flexible Fertigungssysteme

Vom Forschungsergebnis zum marktgerechten Produkt

„Diese Sorge können wir den Anwendern nehmen“, beruhigt Jürgen Groß. „Denn anders als viele andere Anbieter liefern wir nicht nur Software und Objekterkennungssysteme, sondern kennen auch die Anforderungen der Applikationsseite genau.“ Zuverlässige, robuste Visionssysteme und die leistungsfähige Software LHRobotics.Vision sorgen für die reibungslose Objektidentifikation und -selektion, kollisionsfreie Teileentnahme und Roboterbahnplanung bis zum Ablagepunkt.

Speziell entwickelte Greifer erweitern die Freiheitsgrade der Roboter um eine siebte oder achte Zusatzachse und stellen auch bei Teilen mit anspruchsvollen Geometrien die vollständige Entleerung des Transportbehälters sicher. Zwischenspeicher puffern eventuelle Fehlgriffe ab – beispielsweise, wenn sich Teile verhaken – und gewährleisten, dass die Taktzeiten der Maschinen oder Produktionseinrichtungen eingehalten werden. Liebherr bietet die Möglichkeit, den Prozess vorab virtuell oder auf realen Testzellen im Kemptener Tech-Center zu testen.

Bin Picking leicht gemacht mit LHRobotics.Vision

Die höchsten Ansprüche stellt das mechanische Greifen in Verbindung mit der Beladung in eine Umgreifstation oder direkt in die Spannvorrichtung. Mögliche Kollisionspunkte müssen genau definiert und die Parameter für die Bahnplanung des Roboters exakt berechnet werden. Das alles beherrscht die Software LHRobotics.Vision, die von Liebherr industrietauglich weiterentwickelt wurde – unterstützt durch eine bedienfreundliche und intuitive Benutzeroberfläche. Künstliche Intelligenz (KI) vereinfacht das Einrüsten neuer Bauteile in den Bin Picking-Prozess – ein Quantensprung, der die Anwendung der Technologie für „jedermann“ ermöglicht.

Branchenübergreifende Anwendungsmöglichkeiten

Das Gesamtpaket von Liebherr hat sich bereits in zahlreichen Anwendungen in der Fertigung des Antriebsstrangs bewährt. Weiteres Potenzial steckt im Karosseriebau, in der Montage und der Logistik (mehr dazu hier). Jürgen Groß spannt den Bogen in die Zukunft: „Bin Picking hat seine Grenzen bei weitem nicht in der Zerspanung. Liebherr schlägt die Brücke auch in andere Branchen, beispielsweise bei der Bauteildatenbereitstellung oder kollaborierenden Systemen, bei denen Roboter mit Menschen interagieren.

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