5 Minuten - Magazin 02 | 2024
Mehr als zwei Augen
Mit nur zwei Augen das komplette Umfeld um einen großen Kran im Blick zu haben, ist eine Herausforderung. Für tote Winkel und blinde Flecken gibt es bereits Spiegel und Kameras. Alle neuen Mobilkrantypen sind außerdem mit Fahrassistenzsystemen ausgestattet, die den Kranfahrer mit zusätzlichen „Augen“ unterstützen.
Fahrassistenzsysteme für mehr Sicherheit auf der Straße
Diese sollen in Zukunft für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgen und vor allem auf ungeschützte Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer achten. Christian Sauter arbeitet in der Abteilung Technischer Versuch und ist dort zuständig für die Applikation der Fahrassistenzsysteme. Gemeinsam mit Kollegen aus dem Technischen Büro und dem Produktmanagement ist er maßgeblich an der Einführung der neuen Fahrassistenzsysteme beteiligt und erklärt uns alles Wichtige über die Technologie.
Christian Sauter, Technischer Versuch
Die Hintergründe
Die EU hat sich mit ihrer Verordnung 2019/2144 ein enormes Plus an Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden zum Ziel gesetzt: Die Zahl der Toten und Schwerverletzten auf den Straßen gilt es zu verringern. Modernste Sicherheitstechnologie soll zur Standard-Fahrzeugausstattung werden und insbesondere ungeschützte Verkehrsteilnehmende wie Fußgänger und Radfahrer berücksichtigen. Deshalb müssen alle neuen Fahrzeuge mit spezifischen Sicherheitsmerkmalen ausgestattet sein. Über verschiedene Fahrzeugklassen hinweg ist definiert, welche Maßnahmen erforderlich sind.
Sicherheit ist für uns als Mobilkranhersteller ein wichtiges Thema. So bieten wir beispielsweise schon lange eine Rückraumüberwachung per Kamerasystem für alle unsere Mobilkrane, da dieser Bereich für den Kranfahrer nur schwer, beziehungsweise gar nicht, einsehbar ist. Mit weiteren Assistenzsystemen für unsere Mobilkrane können wir nun zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr beitragen.
Durch die Kombination unseres Fachwissens mit der Expertise unseres Lieferanten konnten wir eine maßgeschneiderte Lösung schaffen.
Alle neu entwickelten Krantypen, darunter auch der LTM 1300-6.4 und der LTM 1400-6.1, sind von Anfang an mit den Assistenzsystemen ausgerüstet. Bestehende Krantypen werden wir sukzessive umstellen, um bis Sommer 2026 das gesamte Portfolio mit den Fahrassistenzsystemen auszustatten.
Julian Rapp, Produktmanagement
Wir konnten nicht einfach bestehende Systeme aus der Lkw-Branche übernehmen, da es bauartbedingt große Unterschiede gibt. Gemeinsam mit einem externen Lieferanten, dem TÜV und unserer technischen Konstruktionsabteilung haben wir daher ein eigenes System für die speziellen Anforderungen eines Mobilkrans entwickelt. Dieses berücksichtigt beispielsweise den über das Fahrerhaus ragenden Ausleger und die Hakenflasche, welche vor der Frontscheibe die Sicht einschränken. Zwei wichtige Assistenten stellen wir nun detaillierter vor:
Die neuen Systeme erhöhen die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer deutlich und unterstützen den Kranfahrer.
Totwinkelassistent Kamera Wing
Der Totwinkelassistent
Das „Blind Spot Information System“ (BSIS) wird auch Totwinkelassistent oder Abbiegeassistent genannt. Selbst in großen Spiegeln kann der Kranfahrer nicht den kompletten Bereich neben dem Kran einsehen – tote Winkel sind immer vorhanden. Auch muss sich der Kranfahrer auf zahlreiche Faktoren im Verkehr und in der umgebenden Infrastruktur konzentrieren.
Der Totwinkelassistent wird serienmäßig mit einem sogenannten „Kamera-Wing“ betrieben. An ihm sind zwei Digitalkameras integriert. Erkennt der Assistent Radfahrer oder Fußgänger, dann warnt er den Kranfahrer optisch und akustisch über eine LED-Ampel im Fahrerhaus mit gelber beziehungsweise roter Farbe sowie zusätzlich mit einem Warnton.
Der sogenannte „Kamera-Wing“ überwacht mit zwei Digitalkameras den kompletten Seitenbereich des Krans.
Anstelle der LED-Ampel kann der Totwinkelassistent optional mit einem digitalen Monitor im Fahrerhaus geordert werden. Der Kranfahrende kann somit sofort erkennen, wo sich die Gefahrensituation befindet und diese besser einschätzen. Zusätzlich bietet der Monitor dem Fahrer bei Nacht oder schlechten Witterungsverhältnissen eine bessere Sicht.
Das Anfahr-Informationssystem warnt den Kranfahrenden optisch und akustisch, sobald sich jemand vor dem Kran befindet.
Das Anfahr-Informationssystem
Befindet sich vor dem Kran eine Person, kommt das Anfahr-Informationssystem „Moving Off Information System“ (MOIS) zum Einsatz. Vor allem Kinder sind auf Grund ihrer Körpergröße nahezu unsichtbar, wenn sie sich direkt vor dem Fahrerhaus befinden. Trotz extra installierten Spiegeln ist die Sicht eingeschränkt, auch weil sich die Hakenflasche vor dem Fahrerhaus befindet. Zwei digitale Kameras links und rechts an der Frontscheibe scannen den Bereich ab und warnen den Kranfahrer auch hier optisch und akustisch. Bei LICCON2-Geräten erscheint die Warnung über eine separate LED-Ampel, bei LICCON3-Geräten direkt in der digitalen Cockpitanzeige.
Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2024.