5 Minuten - Magazin 02 | 2024
Kompakt. Flexibel. Stark.
Im deutschen Schienennetz gibt es insgesamt über 25.000 Brücken. Knapp die Hälfte davon ist älter als 100 Jahre. Seit einigen Jahren schon läuft ein umfangreiches Sanierungsprogramm, bei dem bereits etwa 900 Brücken erneuert wurden.
LR 11000 stemmt Brückenhub auf beengtem Raum
Bei einem Brückenaustausch im süddeutschen Fridingen an der Donau hat vor kurzem ein Liebherr-Raupenkran LR 11000 des Unternehmens Wiesbauer eine 130 Jahre alte Stahlbrücke durch einen soliden Fachwerkneubau ersetzt. Nur durch seinen variabel verstellbaren Ballastrahmen V-Frame® konnte der Kran die beengten Platzverhältnisse auf der Baustelle kompensieren und den Hub am Donauufer durchführen.
Raumwunder LR 11000: Die Übersicht zeigt die beengten Verhältnisse auf der Baustelle am Donauufer. Wettgemacht durch gute Planung und den klappbaren Ballastrahmen V-Frame®.
Es war bereits das fünfte große und schwere Brückenbauwerk, das Wiesbauer für die Deutsche Bahn erneuert hat und für das ein Raupenkran der 1.000-Tonnen-Klasse benötigt wurde. Schon 2020, nach dem Kauf seines ersten LR 11000, ersetzte das Unternehmen eine Flussüberquerung aus der Kaiserzeit. Abhängig von den Platzverhältnissen waren diese Einsätze mit den Liebherr-Kranen immer mehr oder weniger komplex. Der jüngste Einsatz war jedoch sowohl für die Planung als auch für die Kranmannschaft der anspruchsvollste. Eine sehr begrenzte Baustellenfläche und ein neues Widerlager schränkten die Bewegungsfreiheit der riesigen Maschine extrem ein. Zudem hing die mit 440 Tonnen Bruttogewicht schwerste und längste der bislang montierten Bahnbrücken bei großer Ausladung am Haken des Krans.
Engstelle: Um mit dem 450 Tonnen schweren Schwebeballast am neuen Widerlager vorbei schwenken zu können, musste der Radius über den Klapprahmen verkleinert werden.
„Ohne den hochflexiblen Ballastrahmen hätten wir den Job hier so gar nicht machen können“, erzählt Marco Wilhelm nach dem erfolgreichen Einbau der neuen Überführung im Donautal. Der Diplom-Ingenieur ist Projektleiter und Prokurist bei der Wiesbauer GmbH & Co. KG, einem großen Kran- und Schwerlastspezialisten in Baden-Württemberg. Wie bei den vorangegangenen Projekten hatte er auch diesen Brückentausch in Fridingen akribisch geplant. „Schon die Zufahrt auf die Baustelle war problematisch“, so Wilhelm. „Das Nadelöhr war hier die nur 3,9 Meter breite alte Bahnunterführung, durch die wir das gesamte, bis zu 3,7 Meter breite Kranequipment auf die Baustelle bringen mussten.“
Das Areal direkt am Flußufer wurde im Vorfeld für den Einsatz aufwendig präpariert. Sondergründungen und eine Betonplatte sorgten für ausreichend Stabilität unter der Kranstellfläche. „Mit Kran und angehängter Last musste der Untergrund immerhin ein Gesamtgewicht von rund 1.780 Tonnen tragen“, erklärt Marco Wilhelm. Dabei sorgten die mit 2,4 Metern extra breiten Raupenträger für eine optimale Verteilung der Flächenpressung.
Self Propelled Modular Transporter: Die neue Brückenkonstruktion wurde mit zwei SPMT-Einheiten vom Vormontageplatz zur Abhebeposition des Krans transportiert.
V-Frame® ermöglicht Schwenkvorgang
Entscheidend für das Gelingen des Vorhabens war jedoch, dass der Radius des Derrickballasts über den V-Frame® hydraulisch verstellt werden konnte. Um die Brücke über dem Fluss zu positionieren waren Schwenk- und Drehbewegungen bei 32 Metern Ausladung notwendig. Dabei stand dem Schwebeballast eines der Widerlager im Weg. Dank des Klapprahmens konnte Kranfahrer Joachim Göckelmann den Ballastradius mühelos verkleinern und gleichzeitig die Ausladung der Last reduzieren. Ohne Probleme schwenkte die mit 450 Tonnen beladene Palette dann an der Betonkonstruktion vorbei. Anschließend wurden beide Radien wieder vergrößert und der LR 11000 erreichte so die erforderliche Ausladung von 29 Metern, um den Stahlbau über der Donau abzusetzen.
Mission erfüllt: Die neue Brücke steht – Zeit für ein Gruppenfoto (v.l.n.r): Marco Wilhelm, Philip Eberlein, Tim Lippa, Nancy Koch, Sylvio Hieronymus, Jochen Wiesbauer, Joachim Göckelmann, Mathias Frenz und Tim Moll.
Der Einbau der 62 Meter langen Donaubrücke – die neue wiegt übrigens mehr als doppelt so viel wie ihre Vorgängerin – verlief reibungslos und nach zwei Stunden waren die Anschlagmittel zwischen Kran und Last wieder gelöst. Marco Wilhelm zieht nach dem Hub ein positives Fazit über den Einsatz und den Raupenkran: „Für mich stellt der LR 11000 von Liebherr die perfekte Kombination aus Kompaktheit, Flexibilität und Traglasten in der 1.000-Tonnen- Raupenkranklasse dar. Es ist immer wieder schön, mit diesem Kran zu planen und zu arbeiten.“ Der Ingenieur darf sich freuen: Bereits im Oktober soll die nächste Eisenbahnbrücke am Haken des LR 11000 hängen.
Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2024.