Mobil- und Raupenkrane

5 Minuten | Magazin 02/2019

Der Traum vom internationalen Kranführerschein

Auto vor der Reise online mieten, am Flughafen abholen, Führerschein vorzeigen, einsteigen und losfahren. So läuft die Anmietung von Pkws in jedem Land der Erde, selbst dort, wo die Autos auf der anderen Straßenseite fahren. Beim Kranführerschein sind wir allerdings noch sehr weit von einer international anerkannten Prüfung entfernt.

Christoph Behmüller, Leiter des Liebherr-Schulungszentrums in Ehingen

Der Kranführerschein

In manchen Ländern, wie zum Beispiel in Deutschland, gibt es gar keine gesetzliche Regelung für Kranfahrer. Andere Länder haben zwar Vorgaben – sie unterscheiden sich allerdings sehr voneinander. Ausbildungszeiten reichen von wenigen Tagen bis zu drei Jahren. Der europäische Kranführerschein ECOL (European Crane Operators Licence) soll ein Schritt in die richtige Richtung sein. Wir sprechen mit Christoph Behmüller über Hintergründe, Erreichtes und Visionen. Er ist Leiter des Liebherr-Schulungszentrums in Ehingen und begleitet als Vorsitzender der zuständigen Arbeitsgruppe beim FEM (European Materials Handling Federation) seit Jahren den europäischen Kranführerschein.

Herr Behmüller, warum wird ein europäischer Kranführerschein benötigt?

Christoph Behmüller: Sicherheit ist das oberste Ziel. Wir wollen Schäden, insbesondere an Personen, vermeiden. Das erfordert nicht nur sichere Krane, sondern auch eine gute Ausbildung der Kranfahrer. Institute, Kranbetreiber und auch wir als Hersteller stellen das bereits seit Langem mit unserem Schulungsangebot sicher. Aber es fehlen einheitliche gesetzliche Regelungen. Ein international anerkannter Kranführerschein erhöht die Sicherheit im Kranbetrieb und ermöglicht es unseren Kunden und den Kranfahrern, auch international tätig zu sein.

Wie kam der europäische Kranführerschein ECOL zustande?

Christoph Behmüller: Der europäische Kran- und Schwertransport-Verband ESTA (European Association for Abnormal Road Transport and Mobile Cranes) hat im Jahr 2013 die Initiative für einen europaweit anerkannten Kranführerschein ergriffen. Die ESTA ging dann auf den europäischen Verband für Materialhandling FEM in Brüssel mit der Bitte um Unterstützung zu. Zum FEM gehört auch die Produktgruppe Krane und Hebezeuge. Dann wurden Arbeitsgruppen gebildet, denen Kranbetreiber, Berufsfachgruppen und Hersteller angehören. Die wichtigste Arbeitsgruppe ist bei ESTA und eine Unterarbeitsgruppe bei FEM angesiedelt. Sie haben die Inhalte des Führerscheins definiert und einheitliche Standards nicht nur für die Inhalte, sondern auch für Schulungsmethodik und Rahmenbedingungen festgelegt. Der VDMA hat das Projekt hinsichtlich der Wettbewerbskontrolle begleitet.

Wie ist der aktuelle Stand?

Christoph Behmüller: Der europäische Führerschein ECOL ist fertig und wird in vielen Ländern bereits als Lizenz für Kranfahrer anerkannt. In Deutschland haben wir zwar immer noch keine gesetzliche Regelung, aber die Berufsgenossenschaften begrüßen den ECOL. Bei uns im Schulungszentrum werden wir den Schein ab Frühjahr 2020 anbieten können. Zurzeit läuft das Zertifizierungsverfahren mit ESTA. Es wird geprüft, ob wir die geforderte Ausbildung leisten können. Sogar die Ausbildungsstätte selbst wird geprüft. Das Prüfungsverfahren hat ESTA an die Zertifizierungsunternehmen Aboma und Lloyd übertragen. Die IHK in Dortmund hat bereits einen Kurs abgeschlossen. Auch andere Kranhersteller ziehen nach. Interessant ist, dass die “British Columbia Association for Crane Safety” in Kanada den ECOL sogar als nichteuropäisches Land anerkennt.

Bei all der Technik darf der Mensch nicht vergessen werden. Wir alle tragen eine große Verantwortung, Hersteller wie Betreiber.

Christoph Behmüller, Leiter des Liebherr-Schulungszentrums in Ehingen

Gibt es etwas Vergleichbares zu ECOL auf anderen Kontinenten?

Christoph Behmüller: In den USA gibt es NCCCO und in Australien CICA, die für ECOL Vorbildcharakter haben. Aber auch da ist noch viel Arbeit notwendig. NCCCO zum Beispiel wird noch nicht in allen US-Staaten anerkannt. Dort wird weiterhin mit unterschiedlichen Regelungen in einzelnen Staaten gekämpft. Aus Südamerika, Afrika oder Asien kennen wir nichts Vergleichbares.

Was ist Ihr Wunsch für die Zukunft?

Christoph Behmüller: Ich wünsche mir, dass der europäische Kranführerschein von allen Ländern in Europa anerkannt wird und auch in diesen Ländern gemacht werden kann. Die Industrie wird dies fordern. Ein weltweiter Kranführerschein wäre natürlich traumhaft. Aber das wird noch einige Zeit dauern. Der Hauptpunkt ist, die Sicherheit im Kranbetrieb zu gewährleisten. Bei all der Technik darf der Mensch nicht vergessen werden. Wir alle tragen eine große Verantwortung, Hersteller wie Betreiber. Eine gute Kranfahrerausbildung muss uns viel wert sein.

Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2019.

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