8 Minuten - Magazin 02 | 2023
Big impact on narrow track
Sie sind optimiert für den Einsatz in Windparks: Schmalspur-Raupenkrane fahren von einer Anlage zur nächsten und sind dort schnell wieder einsatzbereit.
Hoch hinaus auf schmaler Spur
Bereits vor 20 Jahren haben wir den ersten seiner Art entwickelt, den LR 1400/2-W. Damit waren wir die Erfinder der Schmalspur-Gittermast-Raupenkrane. Und weil diese Krane speziell für Windparks ausgelegt sind, haben wir die Typenbezeichnung mit einem „W“ – wie Wind – ergänzt.
Mehrere Jahre konnten wir den Schmalspur-400-Tonner erfolgreich verkaufen und bauen… bis er zu klein wurde. Denn Windkrafttürme wurden immer höher und Komponentengewichte schwerer. Daher brachten wir 2010 den deutlich stärkeren LR 1600/2-W auf den Markt, von dem weltweit mittlerweile rund 50 Geräte im Einsatz sind. Doch die Geschichte wiederholt sich: „Die Montage von Windenergieanlagen der neuesten Generation erfordert inzwischen eine noch höhere Kranleistung. Deshalb haben wir eine Schmalspur-Variante für unseren LR 1700-1.0 entwickelt“, erklärt Martin Frankenhauser. Er ist Produktund Marktspezialist in unserem Technischen Vertrieb Raupenkrane und betreut den neuen Kran – natürlich ebenfalls mit dem „W“ am Ende – den LR 1700-1.0W.
Raupenkran-Experten vor dem neuen LR 1700-1.0W: (v.l.n.r.) Martin Frankenhauser, Steffen Schwertle, Markus Zeiler.
Der stärkste und höchste im Markt
So wie vor knapp zwei Jahren der LR 1700-1.0 den LR 1600/2 in unserem Portfolio ablöste, wird nun auch die Schmalspur-Version des 600-Tonners durch den neuen 700-Tonner LR 1700-1.0W ersetzt. „Die größten Unterschiede zum Vorgänger LR 1600/2-W sind die deutlich höheren Tragkräfte und die größeren Hubhöhen. Das liegt vor allem an der stärkeren Grundmaschine sowie an den 3,5 Meter breiten H-Gitterstücken im unteren Bereich des Hauptauslegers, die die Seitenstabilität des gesamten Systems erhöhen“, erläutert Frankenhauser. „Die Leistungssteigerung ist enorm. Vergleicht man beispielsweise den längsten Windkraftausleger mit Derricksystem des Vorgängers – Hauptausleger 156 Meter plus feste Spitze 12 Meter – mit dem neuen Kran gleicher Auslegerlänge, ergibt sich eine Tragkraftsteigerung von 64 Prozent. Wir steigern von 73 auf über 120 Tonnen! Zudem kann der neue LR 1700-1.0W mit längeren Auslegersystemen aufgebaut werden: mit Derricksystem plus 15 Meter, ohne Derricksystem plus sechs Meter. Unser 700-Tonner ist der stärkste und höchste Schmalspurkran im Markt.“
Technische Daten
- Max. Tragkraft: 700 t
- Max. Lastmoment: 9.650
- Max. Länge Auslegersystem: 102 + 96 m
- Max. Länge Hauptausleger: 165 m
- Leistung: 400 kW
- Breite Raupenfahrwerk: 5,9 m
Damit trägt unser Neuer den höheren Anforderungen moderner Windkraftanlagen mit Nabenhöhen bis 170 Meter Rechnung. Die größte Nachfrage nach dem neuen Schmalspur-700-Tonner kommt von der Iberischen Halbinsel und aus Lateinamerika, wo der Vorgänger besonders beliebt war. „Es gibt dort große Windparks, in denen unsere Kunden auf den etwa sechs Meter breiten Wegen den Kran zumindest teilaufgerüstet verfahren möchten, um Schwertransporte von Krankomponenten möglichst zu vermeiden“, weiß Martin Frankenhauser zu berichten.
Das Fahrwerk des LR 1700-1.0W ist lediglich 5,9 Meter breit.
Heavy-Duty-Fahrwerk
Da Raupenkrane und speziell die Schmalspurkrane in Windparks immer wieder größere Strecken und auch Steigungen bewältigen müssen, haben unsere Konstrukteure einen besonderen Fokus auf maximale Leistung des Antriebsstrangs beim neuen LR 1700-1.0W gelegt. Markus Zeiler leitet bei Liebherr in Ehingen die Konstruktion der Raupenunterwagen: „Unsere Kunden möchten mit maximaler Ausrüstung verfahren, auch größere Strecken. Daher ist der Verschleiß ein großes Thema.“
Aus diesem Grund haben wir dem LR 1700-SchmalspurRaupenträger bewährte Komponenten der nächst größeren Kranklasse verpasst. Diese verwenden wir als Baukastensystem vom LR 1800-1.0 bis zum LR 11350. „Die größeren Komponenten werden hier weniger hoch belastet und zusätzlich verteilen wir das Krangewicht auf mehr Laufrollen – all das hilft, den Verschleiß zu reduzieren. Die größte Kraft wird beim Lenken des nur 5,9 Meter schmalen Raupenfahrwerks benötigt, denn die Hebelverhältnisse sind wesentlich ungünstiger als beim breiten Fahrwerk. Auch hier hilft das stärkere ‚Heavy-Duty-Fahrwerk‘. Es hat etwa 40 Prozent mehr Antriebsleistung als die Standardvariante. So fährt der neue schmale 700-Tonner bei Geradeausfahrt fast im Standgas.“
Auch bei der Schmalspur-Version kommt die hydraulisch verstellbare Ballastführung V-Frame® zum Einsatz.
Statisch umfangreich berechnet
Es liegt in der Natur der Sache, dass der Gesamtschwerpunkt von Raupenkranen mit langen Gitterauslegern mehrere Meter über dem Boden liegt. Beim Verfahren dieser Giganten, insbesondere mit schmalem Fahrwerk, hat die Sicherheit oberste Priorität. „Für jede Betriebsart des LR 1700-1.0W haben wir Verfahrtabellen berechnet. Da kommt ganz schön was zusammen: mit oder ohne Derrick, verschiedene Auslegersysteme und -längen und unterschiedlichste Ballastvarianten. Aber nur so ist sicheres Verfahren gewährleistet. Unsere Kunden müssen wissen, mit welchen Ausrüstungen welche Neigungen zulässig sind“, erklärt Steffen Schwertle. Er ist in der Abteilung Statik verantwortlich für unsere Schmalspurkrane und hat den neuen Kran federführend berechnet.
Beim Schmalspurkran ist die Seitenneigung auf zwei Grad begrenzt, die Längsneigung darf, je nach Konfiguration, bis zehn Grad betragen. „Das entspricht Steigungen bis ungefähr 18 Prozent, ein enorm hoher Wert! Bei diesen großen Steigungen kann man natürlich nicht mehr mit ganz langen Systemen fahren. Die erforderliche Rückrüst-Variante können unsere Kunden komfortabel im Einsatzplaner einsehen und in der LICCON-Steuerung direkt einstellen. Es werden dort auch die entsprechenden Bodendrücke angezeigt“, so Schwertle.
Das Heavy-Duty-Fahrwerk des neue Schmalspurkrans wird bei Steigungen bis zu 18 Prozent intensiv getestet.
Der Einsatzplaner zeigt den erforderlichen Auslegerwinkel an, um den Gesamtschwerpunkt des Krans der Neigung des Untergrunds anzupassen. „Damit der Schwerpunkt beim Fahren des neuen Schmalspurkrans möglichst niedrig wird, wird ein Teil des Drehbühnenballasts auf eine Drehbühnenverlängerung aufgelegt und wir arbeiten mit Zentralballast seitlich am Unterwagen. Zu dieser Höhenschwerpunkt-optimierten Ballastvariante haben wir zur Kranarbeit auch Traglasttabellen gerechnet“, erläutert Steffen Schwertle.
„Der Schmalspurkran hat übrigens den Vorteil, dass der Boden der Kranstellfläche nicht so aufwendig eingeebnet werden muss, denn er arbeitet ja auf Abstützungen und kann sich so optimal selbst nivellieren“, stellt Martin Frankenhauser heraus. „Und er bietet sogar mehr Tragkraft als der breite Raupenkran, da mögliche Seitenneigungen statisch nicht berücksichtigt werden müssen“, ergänzt Steffen Schwertle.
Maximale Flexibilität
Das Heavy-Duty-Fahrwerk bieten wir nun auch für das breite Fahrwerk des LR 1700-1.0 an. Markus Zeiler nennt einen wichtigen Grund: „Wenn ein Kunde viel fährt, reduziert das verstärkte Fahrwerk den Verschleiß und der Kran kann bei der breiten Variante sogar mit 2,4-Meter-Bodenplatten ausgerüstet werden, 40 Zentimeter mehr als bei der Standard-Ausführung und beim Schmalspurkran. Das reduziert natürlich die Bodendrücke deutlich.“
„Manche Kunden kaufen das HD-Fahrwerk als Vorbereitung zur späteren Nachrüstung des Krans als Schmalspur-Ausführung“, sagt Martin Frankenhauser. „Der neue Schmalspur-700-Tonner kann auch mit Wippspitze arbeiten, was beim Vorgänger nicht möglich war. So sind nun alle Auslegersysteme des Standardkrans auch auf Schmalspur möglich, was den LR 1700-1.0 flexibel für Industrieeinsätze macht – ganz nach seinem Slogan: Big impact on narrow track!“
Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2023.