Firmengruppe

Klicken Sie auf VIDEO FREIGEBEN und folgen Sie den Datenschutzhinweisen.

Auf dem Gipfel der Möglichkeiten

Die Katze ist eingeschneit. Mitten im September. Hier oben auf der Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg, ist dies im Spätsommer keine Seltenheit. Luis Schwatz setzt den Helm auf, legt sein Klettergeschirr an und steigt mit einem Kollegen die frostige Leiter hoch bis zum Ausleger, dann noch drei, vier Meter. Eigentlich ein First-Class-Aussichtspunkt. Denn unter ihnen liegen schwindelerregende über 2.500 Meter und der türkisfarbene Eibsee auf 973 Meter Meereshöhe. Doch die Zugspitze hüllt sich in Wolken. Schöne Aussicht – Fehlanzeige. So kann ihre ganze Aufmerksamkeit ungeteilt der „Laufkatze“ des Liebherr Turmdrehkrans gelten. Würde diese mit der Last am Haken – einem Beton-Fertigteil – jetzt loslaufen, drohten Schnee- und Eisbrocken auf die Baustelle zu fallen. Um dies zu verhindern, hat Luis Schwatz einen Schaber und ein paar Schläge mit dem Hammer parat. Jetzt hat die Laufkatze sichere, freie Bahn.

Der Kran passt zu uns hier oben. Er ist im Handling unkompliziert und unterstützt perfekt das Zusammenspiel der Baufirmen am Gipfel.

Luis Schwatz

Nichts für Zimperliche

Luis Schwatz ist Kranführer auf Deutschlands höchster Baustelle. Wer hier oben beim Bau der neuen Eibsee-Seilbahn mitarbeitet, muss wetterfest, schwindelfrei und keinesfalls zimperlich sein. Nur so lässt sich am Gipfel in bald 3.000 Meter Höhe Gerät und Material in Schuss halten. Wenn Schwatz nicht gerade auf dem 50 Meter langen Ausleger herumkraxelt, bedient der Seilbahn-Techniker den Flat-Top-Kran 150 EC-B 6 Litronic von Liebherr mit der umgeschnallten Fernbedienung. „Der Kran versorgt die verschiedenen Baufelder und Gewerke mit Material oder schafft die Bauabfälle weg. Das gelingt am besten von hier unten auf der Baustelle, wo man einen besseren Überblick über die verschiedenen Baufelder als oben von der Kanzel hat“, sagt Schwatz. Und dann seien da ja auch noch die Besucher, die Deutschlands Top-Touristenattraktion jeden Tag besichtigen, bei laufendem Baustellenbetrieb. „Seit drei Jahren arbeiten wir hier oben“, sagt Schwatz. „Immer unter Beobachtung“, fügt er mit einem Schmunzeln hinzu. „Unsere Baustelle ist mittlerweile fast schon ein Publikumsmagnet wie der Gipfel selbst.“ Und das aus gutem Grund: Denn hier oben auf der Zugspitze wird Technikgeschichte geschrieben.

Echt stark: Bei der hochalpinen Kranmontage mit dem Helikopter sind ganze Kerle gefragt, wenn die eingeflogenen, tonnenschweren Teile unter extremen Bedingungen millimetergenau zusammengefügt werden.

Abenteuer Seilbahnbau

Im April war die alte Eibsee-Seilbahn abgestellt worden und machte so den Weg frei für die neue Installation. Von der Talstation kraxelt einstweilen in einer knapp 45-minütigen Tour nur die gute alte Zahnradbahn Richtung Zugspitzgipfel. Mit an Bord: Martin Hurm. Er ist Betriebsleiter der Seilbahnen und Lifte Zugspitze und nun als Projektleiter bei der Bayerischen Zugspitzbahn (BZB) für den Bau des 50-Millionen-Euro-Seilbahn-Neubauprojekts zuständig. Bei dem Deggendorfer laufen alle Fäden zusammen. „Hätte ich geahnt, wie viel Arbeit dahintersteckt, dann ...“. Er lacht.

An diesem einzigartigen Ort einzigartige Technik-Geschichte mitzuschreiben, daran hat der 49-Jährige sichtbar Gefallen. Er weiß sich damit in einer guten Tradition. Denn die touristische Erschließung sowie Neu- und Erweiterungsbauten sind für die Bahnbetreiber an der Zugspitze seit den Anfängen in den 1930er-Jahren „Dauerbrenner“. 1963 bauten sie die Eibsee-Seilbahn als Ergänzung und Entlastung für die Zahnradbahn. Das kam damals gut an. Fast zu gut, Ende der 60er – als der große Skiboom gerade so richtig ins Laufen kam – waren die Kapazitätsgrenzen schon erreicht.

Eine hochalpine Baustelle ist in vieler Hinsicht ein Abenteuer. Technologisch, ingenieurstechnisch, logistisch, höhen- und witterungsbedingt.

Martin Hurm

Viele Tugenden gefragt

Seither stehen Instandhaltungen und Modernisierungen an der Zugspitze dauerhaft auf dem Plan. Nur sind diese am Berg nicht so einfach umzusetzen. „Eine hochalpine Baustelle ist in vieler Hinsicht ein Abenteuer“, sagt Hurm. „Technologisch, ingenieurstechnisch, logistisch, höhen- und witterungsbedingt. Und nicht zuletzt ist sie eine permanente Herausforderung an die Geduld und eine unermüdliche Beharrlichkeit.“

Der „Lohn“ für Hurm und seine Baumannschaft ist nicht nur die wohl beste und spektakulärste Aussicht von einer Baustelle, sondern am Ende auch eine Seilbahn der Superlative, die ihresgleichen sucht und mit drei Weltrekorden aufwarten kann: mit der höchsten Stahlbaustütze für Pendelbahnen (127 Meter), dem größten Gesamthöhenunterschied von 1.945 Metern zwischen Tal- und Bergstation sowie dem längsten freien Spannfeld mit 3.213 Metern. Statt bisher 260 Personen wird die Bahn künftig bis zu 580 Bergbegeisterte pro Stunde befördern können.

Ganz oben: In fast 3.000 Meter Höhe wird der Flat-Top-Kran von Liebherr zur Attraktion – nicht nur für die Bauarbeiter, sondern auch für Touristen auf dem Gipfel der Zugspitze.

„Kein Raum für Fehlplanungen“

Auf einer Baustelle in fast 3.000 Metern muss alles Hundertprozent passen. Dafür sorgen die Experten der Liebherr Tower Crane Solutions – eine Abteilung, die sich um die Planung und Durchführung ganz spezieller Einsätze kümmert. Projektleiter Michael Weißschädel, über Liebherr-Krantechnologie ganz oben auf der Zugspitze.

Herr Weißschädel, für Liebherr „Tower Crane Solutions“ sind anspruchsvolle Baustellen nichts Besonderes. Was machte die Baustelle auf dem höchsten Punkt Deutschlands dennoch einzigartig und herausfordernd?

Michael Weißschädel: Es sind das hochalpine Gebiet, die starken Winde, die Temperaturen sowie Schnee und Eis, die den Unterschied zu einem „normalen“ Baustelleneinsatz machen. Alle Details müssen bedacht werden, um diesen speziellen Kran auf der Zugspitze sicher zu montieren, sicher zu betreiben und wieder sicher demontieren zu können. Und die Aussicht vom höchsten Punkt Deutschlands ist für die Monteure und Service-Techniker und Kranfahrer auch einzigartig.

Welche besonderen hochalpinen „Konfigurationen“ waren für den Kran erforderlich?

Liebherr-Krane sind generell bei Temperaturen bis minus 25 Grad Celsius einsatzbereit. Der 150 EC-B 6 Litronic steht darüber hinaus auf einer besonders starken Turmkombination, die auch den extrem hohen Windgeschwindigkeiten von bis zu 280 Stundenkilometern in Böen standhält.

Welche Skills müssen Liebherr-Mitarbeiter mitbringen, um den Kran dort oben zu montieren und zu warten?

Für unsere geschulten Monteure und Service-Techniker ist das Arbeiten in der Höhe kein Problem, sonst wären sie auch im falschen Job. Der Kran selbst ist nicht besonders hoch aufgebaut, es geht aber gleich neben ihm einige Hundert Meter steil in die Tiefe. Das ist schon sehr beeindruckend, aber im Grunde nichts anderes als das Arbeiten mit einem entsprechenden Kran bei einem Hochhausbau.

Was hat Sie persönlich bei diesem Einsatz besonders fasziniert?

Die neue Eibsee-Seilbahn ist eine einzigartige Baustelle an einem einzigartigen Platz. Aus technischer Sicht war die Planung und Montage mit dem Hubschrauber auf knapp 3.000 Metern Seehöhe eine tolle Leistung von allen Beteiligten. Hier muss im Vorfeld auf jedes noch so kleine Detail geachtet werden. Sind die Teile erst einmal auf dem Berg und der Hubschrauber in der Luft, muss alles hundertprozentig passen, da gibt es keinen Raum für Fehlplanungen. Das Team hat dies alles perfekt umgesetzt.

Himmelhohe Superlative: der Liebherr Flat-Top-Kran 150 EC-B 6 Litronic auf der Zugspitze

- Errichtet auf 2.950 Metern

- Mit seinem Ausleger überragt er das auf 2.962 Meter Höhe stehende goldene Gipfelkreuz um 13 Meter

- Für die Bauzeit und noch einige Monate darüber hinaus ist der Kran damit die höchste Erhebung Deutschlands

- Die Ausladung beträgt 50 Meter bei einer Hakenhöhe von 18,6 Metern

- Lässt sich wegen der modularen Bauweise problemlos in Einzelteile mit einem Maximalgewicht von 3,4 Tonnen zerlegen

- Die Kranmodule entsprechen der maximalen Tragkraft des Helikopters, der sie vom Sonnalpin zur Montage auf den Gipfel beförderte

Das Projekt auf einen Blick

Ein Herkules-Akt – bis zum Schluss

Der Countdown läuft – es sind nur noch wenige Wochen bis zur Eröffnung. Mitte Oktober ist das letzte der vier neuen Tragseile für die beiden Kabinen an der Bergstation eingezogen und gesichert worden. Ein Herkules-Akt. Schließlich wiegt jedes der 4.900 Meter langen Tragseile 153 Tonnen. An den Tragseilen der alten Seilbahn schafften sie pro Stunde 200 Meter, um nach oben zu kommen. Da sind die beiden Zugseile mit einem Gewicht von 30 und 39 Tonnen vergleichsweise federleicht.

Ganz schön extrem - Arbeiten am Berg

Alles ist extrem – auch die Gelassenheit

Rund 100 Leute sind jetzt auf der Baustelle im Einsatz. Es pfeift in diesen Oktobertagen ordentlich ums Gipfelkreuz. Eiskristalle tanzen um Stahlgestänge und Stahlseile herum. Die minus zwei Grad, die das Thermometer anzeigt, fühlen sich sibirisch an. Alles, so scheint es, ist hier oben extrem. Auch die Gelassenheit von Martin Hurm: „Gegen das Wetter kann man am Berg nicht anarbeiten“, weiß er. „Aber man kann das Beste daraus machen.“

Die beiden bis zum Boden verglasten Gondeln, seien schon da, sagt Hurm. Sie stünden in Folie eingewickelt in der Talstation. „Am 21. Dezember werden sie ihren Betrieb aufnehmen.“ Kein Zweifel. Und der Kran? „Der bleibt noch bis ins Frühjahr stehen, bis alle Arbeiten abgeschlossen sind“, erklärt Hurm. Das Betonfundament bleibe aber auf jeden Fall erhalten. „Wer weiß, vielleicht brauchen wir unseren Kran irgendwann mal wieder.“