Das LB 44-510 mit einem Drehmoment von 510 kNm ist das größte und leistungsstärkste derzeit in Deutschland eingesetzte Großdrehbohrgerät. Im Kellybohreinsatz ist es für Bohrdurchmesser von bis zu 3 m und Bohrtiefen von maximal 92 m ausgelegt. Bewegt wird das rund 170 t schwere Spezialtiefbaugerät von einem V8-Dieselmotor mit 505 kW (687 PS) Antriebsleistung, welcher dem Emissionsstandard nach Abgasstufe IIIB / Tier 4i entspricht.
Zwei Großdrehbohrgeräte vom Typ LB 44-510 werden auf der insgesamt rund 200.000 m2 großen Baustelle zur Stabilisierung des Untergrundes mittels Ortbetonbohrpfählen eingesetzt. Diese Arbeiten bilden die Grundlage für den Bau des internationalen Teilchenbeschleunigers FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research). Bei diesem Bauvorhaben werden 35.000 Tonnen Stahl und 600.000 m³ Beton verbaut.
Ausführendes Bauunternehmen ist die Arbeitsgemeinschaft „FAIR Bohrpfähle“ bestehend aus der Züblin Spezialtiefbau GmbH (technische Federführung) sowie der Max Bögl GmbH & Co. KG (kaufmännische Federführung).
Beide Unternehmen stellen der Arbeitsgemeinschaft zur Realisierung der außergewöhnlichen Baumaßnahme neben weiteren Drehbohrgeräten jeweils ein LB 44-510 zur Verfügung.
Hochproduktives Kellybohrverfahren für große Tiefen
Insgesamt werden seit März 2013 rund 1.400 Gründungspfähle mit einer Länge von 40 m bis zu 62 m in den Boden gesetzt. Dafür wurde im August das erste Seriengerät des LB 44-510 angeliefert. Seit Mitte September ist ein weiteres LB 44-510 für die Arbeiten im Kellybohrverfahren vor Ort.
Sämtliche Bohrpfähle werden dabei vollständig verrohrt bis zur Endtiefe hergestellt. Das heißt, der Aushub wird im Schutz einer vorauseilenden Verrohrung während des Bohrprozesses ausgeführt. Aufgrund der hohen Grundwasserstände und der teilweise instabilen Böden ist während der gesamten Pfahlherstellung eine Wasserauflast zur Stabilisierung der Bohrlochsohle zu gewährleisten.
Das Lösen und Fördern des Bohrgutes erfolgt mittels Kastenbohrer. Dank der leistungsfähigen Großdrehbohrgeräte kann der Aushub bis zur maximalen Endtiefe im Drehbohrverfahren komplett verrohrt und ohne Mithilfe einer Verrohrungsmaschine erfolgen. Mit dem LB 44-510 kann dieses Verfahren für die in Darmstadt geforderte Tiefe realisiert werden. Dank des hohen Drehmoments und der enormen Zugkräfte des LB 44-510 entfällt der bislang erforderliche Wechsel der Geräteeinheit nach Abteufen der Bohrung.
Bislang mussten zur Bewehrung der Pfähle bzw. zum Betonieren bei solchen Bohranforderungen zwei Seilbagger mit angekoppelter Verrohrungsanlage verfügbar sein, um die erforderlichen Drehmomente und Zugkräfte beim Ziehen der Verrohrung während des Betonierens sicher zu gewährleisten. Durch den Einsatz des LB 44-510 kann die Produktivität der Pfahlherstellung bei großen Tiefen signifikant gesteigert werden.
Neben den für verrohrte Bohrungen außergewöhnlich großen Bohrtiefen beim Bau von FAIR gehört für die Pfahlherstellung die Arbeit im Trinkwasserschutzgebiet zu den besonderen Anforderungen. Dafür werden rund 30 Pfähle zur Überwachung der Pfahlkräfte und Setzungen mit aufwendiger Messtechnik ausgestattet.
Schnelle Inbetriebnahme, einfacher Transport
Das 170 t schwere Großdrehbohrgerät LB 44-510 benötigt trotz seiner beachtlichen Größe nur sehr wenig Zeit für seine Mobilisierung und Inbetriebnahme. Da der Mäkler samt angeschlossener Hydraulik während des Transports zusammengeklappt werden kann, ist keine Demontage zwischen zwei Anwendungsorten erforderlich. Anschließend kann das LB 44-510 mittels eines Schnellmontagesystems rasch aufgebaut werden – dieser Prozess nimmt kaum mehr Zeit als bei kleineren Geräten in Anspruch. Auf der Baustelle von FAIR konnten die beiden LB 44-510 in nur sechs Stunden einsatzbereit gemacht werden.
Ein weiterer Vorzug ist die einfache Transportierbarkeit des Gerätes. Im Bedarfsfall kann es so zerlegt werden, dass das Gewicht der schwersten Einheit 40 t nicht überschreitet. Damit ist es ohne größere Probleme weltweit transportierbar.
Die Grundkonzeption des Gerätes folgt bewährten Prinzipien. Dazu gehört die Realisierung eines großen Arbeitsbereiches durch die Parallelkinematik. Ein weiterer Aspekt betrifft die direkte Montage aller Winden an den Mäkler, was zum einen eine direkte Sicht vom Fahrerhaus auf die Hauptwinde ermöglicht und zum anderen auch dafür sorgt, dass sich beim Verstellen des Mäklers die Seile nicht bewegen. Zudem verleiht der Unterwagen durch die langen Fahrwerke eine erhöhte Stabilität und gewährleistet dabei einen geringen Schwenkradius, der den kleineren Geräten der LB-Baureihe kaum nachsteht.
Der innovative BAT-Bohrantrieb des neuen LB 44-510 bietet ein Drehmoment von 510 kNm. Wesentliche Vorteile dieses Liebherr-eigenen Hydraulikantriebes sind die automatische Drehmoment-Regelung, die stufenlose Drehzahl-Optimierung sowie vier elektronisch einstellbare Drehzahlbereiche. Weitere Vorteile dieses Bohrantriebes sind sein einfacher Aufbau, sein äußerst geringer Wartungsaufwand und insbesondere seine hohe Leistungsfähigkeit.
Neben der beschriebenen Anwendung mit Kellystange ist das LB 44-510 auch für Endlosverfahren mittels Doppelbohrkopf, Endlosschnecke sowie Vollverdrängerwerkzeug geeignet. Das leistungsstarke Seilvorschubsystem mit einer Rückzugskraft von rund 56 t sorgt dafür, dass das Befahren der gesamten Mäklerlänge möglich ist. Der Anwender verfügt dadurch über ein Höchstmaß an Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, selbst unter schwierigsten Bodenverhältnissen und Einsatzbedingungen.