Liebherr LTC 1050-3.1E - Erster Hybrid-Kompaktkran Nordeuropas im Einsatz

2023 lag der Prozentsatz der neuen Strom- oder Hybrid-PKW bei weit über 90 Prozent. Bereits im nächsten Jahr dürfen zum Beispiel in der Innenstadt Oslos keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr benutzt werden. Und auch für ihre Baustellen fordert die Hauptstadt zunehmend emissionsfreie Maschinen. Bei Bauvorhaben und Infrastrukturprojekten der öffentlichen Hand dürfen Baumaschinen mit Verbrennungsmotoren nur noch dann eingesetzt werden, wenn keine elektrisch angetriebenen Alternativen zur Verfügung stehen. Das macht großen Druck auf die Baubranche, sich nach geeignetem Gerät umzusehen. Im November letzten Jahres wurde in Oslo der erste Liebherr-Kompaktkran in Betrieb genommen, der zwar mit Verbrennermotor zur Baustelle fährt, dort aber alle Arbeiten abgas- und geräuschfrei mit Baustellenstrom ausführen kann: der LTC 1050-3.1E.

Zapfstelle - Siv Hege Barstad bezieht die Energie für ihren Kran aus der Stromversorgung des Baugeländes.
Zapfstelle - Siv Hege Barstad bezieht die Energie für ihren Kran aus der Stromversorgung des Baugeländes.

Eine Baustelle mitten in Oslo im Herbst 2023. Sie liegt zwischen einer Schule und einem Kindergarten. Bagger, Krane und viele Bauarbeiter errichten auf dem Sportgelände eine neue Mehrzweckhalle. Es herrscht geschäftiges Treiben. Aber es herrscht auch etwas anderes: nämlich Stille. Zumindest eine relative, denn ab und zu schwingt einer der Männer den Hammer, ein Winkelschleifer dreht auf Hochtouren oder eine Schlagbohrmaschine feuert lautstark eine Salve in den Beton. Doch dann kehrt wieder Ruhe ein. Und das, obwohl Bagger und Krane ganz normal weiterarbeiten. Fast nichts davon ist zu hören, denn die Maschinen werden alle mit Strom betrieben. Das leise Surren wird mühelos übertönt vom Lärm der Schulkinder, die zur Pause ins Freie und auf ihren Bolzplatz strömen.

„Die Nachbarn der Baustellen werden uns lieben!“

Der Kran, der an diesem Tag auf dem Baugelände die Schalung für die langen Betonwände montiert, ist unser neuer Kompaktkran LTC 1050-3.1E. Dieser hybrid angetriebene Fahrzeugkran ist der erste, der von uns nach Nordeuropa ausgeliefert wurde. Geordert hat ihn die Firma Skoveng Kranservice AS mit Sitz in Lillestrøm. Das Unternehmen, das in den Städten Ostnorwegens, vor allem aber in Oslo und seinem dicht besiedelten Umland tätig ist, hat auf einen Schlag fünf dieser Krane bestellt und einen großen Teil seiner Kranflotte damit ersetzt. Zusammen mit einem Liebherr-Mobilbaukran vom Typ MK 88-4.1 besteht die Hälfte des Fuhrparks nun aus Geräten, die auch elektrisch betrieben werden können. „Mit diesen Maschinen sind wir jetzt in einer sehr starken Position“, begründet Lars Christian Steen, Geschäftsführer von Skoveng, seine Anschaffungen. „Für Kranarbeiten in Gebäuden oder bei Nachteinsätzen sind die lärm- und schadstofffreien Geräte natürlich ideal. Die Anwohner dieser Baustellen werden uns lieben! Schon heute dürfen auf Nachtbaustellen in Oslo nur noch emissionsfreie Maschinen ohne Motorenlärm eingesetzt werden. Und ab 2025 gilt das generell“, weiß der umtriebige Firmenchef. Ein grünes Logo mit der Aufschrift „Zero Utslipp“ (Null Emission) prangt dann auch entsprechend groß auf jeder Seite seines knallroten Krans.

Energiebündel - Den Strom für die Vorführungen bei der Kranpräsentation lieferte der Liebherr Liduro Power Port vom Typ LPO 100.
Energiebündel - Den Strom für die Vorführungen bei der Kranpräsentation lieferte der Liebherr Liduro Power Port vom Typ LPO 100.

Doch diese Werbung allein ist Lars Christian Steen zu wenig. Um seine neuen Elektrokrane bekannt zu machen, hat er nach Lillestrøm zur feierlichen Krantaufe eingeladen. Politprominenz, Bauunternehmer, Behördenvertreter und auch Wettbewerber von Skoveng Kranservice feierten auf Norwegens größtem Messegelände den Einstand des LTC 1050-3.1E. Als Stromquelle für die Kranvorführungen stand ein Liebherr Liduro Power Port vom Typ LPO 100 zur Verfügung. Der mobile Energiespeicher auf Basis von Lithium-Ionen-Batterien hat eine Leistung von 100 kWh im Gepäck. Auf Baustellen mit eingeschränktem oder fehlendem Netzanschluss kann er elektrisch betriebene Geräte mit Energie versorgen. „Die Batterie sollte etwa für einen normalen Arbeitstag eines LTC 1050-3.1E ausreichen“, erklärt Joachim Eußem von der LiebherrComponents GmbH, der zur Demonstration des Speichers mit dem neuen Kompaktkran nach Norwegen gereist ist. „Der LPO 100 ist ab 2024 verfügbar und im Folgejahr soll es die Liduro-Serie mit insgesamt fünf Leistungsbereichen geben. Der größte davon wird ein Speichervolumen von 160 kWh aufweisen.“

„In starker Position“ - Die Umstellung der halben Kranflotte auf Hybridgeräte wird dem Unternehmen wichtige Aufträge aus dem Bausektor bescheren, ist sich Skoveng-Geschäftsführer Lars Christian Steen sicher.
„In starker Position“ - Die Umstellung der halben Kranflotte auf Hybridgeräte wird dem Unternehmen wichtige Aufträge aus dem Bausektor bescheren, ist sich Skoveng-Geschäftsführer Lars Christian Steen sicher.

Bald zehn Liebherr-Hybridkrane in Oslo

Auch Tommy Borgring, der im Liebherr-Werk Ehingen für den Vertrieb in Skandinavien und im Baltikum zuständig ist, hat sich die Präsentation unseres Hybridkrans nicht entgehen lassen. Der gebürtige Schwede hat dieses Projekt maßgeblich vorangetrieben. „Mittlerweile haben wir zehn dieser strombetriebenen Geräte in den Großraum Oslo verkauft. In der Hauptstadt wird in den nächsten Jahren ein neues Wasserversorgungssystem gebaut. Unter anderem gibt es eine Großbaustelle, auf der drei dieser E-LTCs im Tunnelbau arbeiten werden“, sagt Borgring. „Insbesondere in den skandinavischen Ländern wird großer Wert darauf gelegt, dass Baumaschinen auch elektrisch betrieben werden können. Deshalb arbeiten wir derzeit mit Hochdruck daran, weitere Geräte zu elektrifizieren.“

Sehen und gesehen werden - Die Präsentation des neuen Liebherr-Krans fand vor Publikum auf dem größten Messegelände Norwegens statt.
Sehen und gesehen werden - Die Präsentation des neuen Liebherr-Krans fand vor Publikum auf dem größten Messegelände Norwegens statt.

Siv Hege Barstad sitzt am Tag der Präsentation in ihrem brandneuen Liebherr-Kran und beeindruckt die Gäste immer wieder damit, wie weit sie ihre Kabine in die Höhe teleskopieren kann. „Auf der Baustelle“, sagt die Kranfahrerin, „ist das ein echtes Plus an Sicherheit. Wenn ich von unten nicht genug sehe, kann ich mich bis auf fast acht Meter Höhe fahren und so zum Beispiel auch über Mauern hinweg schauen. So habe ich immer einen sehr guten Blick auf das Geschehen auf meiner Baustelle.“

Dorthin steuert Siv Hege am nächsten Morgen dann wieder ihr Kranfahrzeug. Die Arbeiten an dem eingangs erwähnten Hallenbau gehen weiter und der Kran wird dringend benötigt. Seit sechs Jahren arbeitet die junge Frau schon als Kranfahrerin. „Allerdings habe ich bisher immer mit AllTerrain-Mobilkranen gearbeitet und es war für mich schon eine Umstellung, bei der Straßenfahrt und bei der Kranarbeit in ein- und derselben Kabine zu sitzen“, erzählt sie. „Aber das funktioniert sehr gut.“ Die Fahrt vom Firmensitz zum Einsatzort durch den Berufsverkehr der Hauptstadt klappt problemlos. Mit nur 2,55 Meter Breite kommt der LTC 1050-3.1E überall gut durch. „Das Fahrzeug ist einfach sehr wendig. Ich kann damit auch problemlos in die Innenstadt fahren. Der Unterwagen ist überhaupt sehr vielseitig, wenn es darum geht, in engen Bereichen zu manövrieren.“

Innenstadttauglich - Mit einer Breite von nur 2,55 Meter passt der LTC 1050-3.1E auch durch enge Gassen oder zugeparkte Straßen.
Innenstadttauglich - Mit einer Breite von nur 2,55 Meter passt der LTC 1050-3.1E auch durch enge Gassen oder zugeparkte Straßen.

„Ungewohnt, aber sehr angenehm”

Die Lenkprogramme und die kompakte Bauweise des Krans sind auch auf der aktuellen Baustelle überaus nützlich. In der hintersten Ecke des Areals werden Kran und Fahrerin schon erwartet. „Der große Baukran ist zur Zeit anderweitig beschäftigt und ich übernehme für einige Zeit hier die Betonierarbeiten“, erklärt Siv Hege. Routiniert positioniert sie die Maschine, fährt die Kranstützen aus und schiebt den Stecker des bauseitigen Starkstromkabels in die Steckdose ihres Krans. Dann schwingt sie sich in die Kabine und fast geräuschlos geht die Arbeit los. „Ich kann den Kran auch mit 125 Ampere betreiben, dann arbeitet er genauso schnell wie mit seinem Verbrennungsmotor. Ich merke dann keinen Unterschied beim Schwenken, Heben oder Austeleskopieren. Auf der Baustelle hier stehen mir aber nur 63 Ampere Stromstärke zur Verfügung, da ist er etwas langsamer.“ Dieser Leistungsabfall macht sich allerdings nur bemerkbar, wenn mehrere Kranbewegungen gleichzeitig gefahren werden und Energie benötigen. Wird zum Beispiel nur das Hubwerk betätigt, läuft der Vorgang fast genauso zügig ab wie mit einer Stromstärke von 125 Ampere.

Auf der Baustelle jedenfalls fertigt die Kranfahrerin einen Fahrmischer nach dem anderen ab, hebt den angelieferten Beton im Kübel dorthin, wo er gerade benötigt wird und hat zwischendurch immer wieder große Schaltafeln am Haken. Auf die Frage nach ihren Erfahrungen und Eindrücken nach den ersten Tagen mit ihrem neuen Kran im Strombetrieb, überlegt sie kurz: „Es ist schon etwas ungewohnt, wenn plötzlich die Motorengeräusche fehlen. Aber es ist auch sehr, sehr angenehm."

Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 01 | 2024.

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