Im Gespräch mit Florian Schuon, Leiter Digital Solutions: Die Zukunft aktiv mitgestalten
Florian Schuon hat schon einige Meilensteine mit und bei der Liebherr-Verzahntechnik GmbH gefeiert. Die Reise startete mit einer Ausbildung zum Energieelektroniker. Auch während des darauffolgenden Studiums der Elektrotechnik blieb die Verbindung zum Unternehmen bestehen. Nach der Diplomarbeit und mehreren Stationen im Unternehmen, unter anderem als Softwareentwickler, Gruppenleiter der Grundlagen Steuerungstechnik und Leiter der Vorausentwicklung, führte ihn der Weg nun zur Abteilung Digital Solutions.
Wir haben uns mit ihm zusammengesetzt, um über die Gründung der Abteilung Digital Solutions, die Herausforderungen von digitalen Produkten und die Besonderheiten der Arbeit in der Liebherr-Gruppe zu sprechen.
Herr Schuon, Sie leiten seit November 2021 die Abteilung Digital Solutions. Wie kam es zur Neugründung?
Das Thema Digitalisierung an sich ist natürlich nichts Neues und ich habe es bereits als Teil der Abteilung Vorausentwicklung behandelt, allerdings mit alleinigem Fokus auf den Bereich Werkzeugmaschinen. Die anderen Produktbereiche unserer Firma, haben es ebenfalls für sich behandelt. Doch da es so ein wichtiges Thema für unsere Kunden und Teil unserer Strategie ist, hat die Geschäftsführung forciert, es bereichsübergreifend zu betrachten und die Schlüsselressourcen zu bündeln. Teil unseres Teams sind daher Experten aus jeder unserer Business Units – Verzahnmaschinen & Messtechnik, Verzahnwerkzeuge und Automation.
Was sind aktuell Ihre Hauptaufgaben im Aufbau der Abteilung und der Entwicklung der digitalen Produkte?
Zunächst war es natürlich wichtig, ein kompetentes Team zusammenzustellen. Dabei wollten wir nicht nur auf neue Mitarbeiter von Extern setzen. Einen Großteil der Teammitglieder haben wir aus anderen Bereichen der Firma akquirieren können. Unser Data Analyst kommt zum Beispiel aus der Mathematikabteilung. Für unsere Kunden bedeutet das, dass Ihre Ansprechpartner bereits mit ihren Bearbeitungsprozessen, Technologien und Produkten vertraut sind. Die Problemstellungen und Herausforderungen in den Bereichen sind bekannt und das Team weiß, an welchen Schrauben sie drehen müssen.
Darüber hinaus ist eine bereichsübergreifende Digitalisierungsstrategie und Ausrichtung entscheidend. Obwohl es eine neue Abteilung ist, beginnen wir dabei aber nicht bei Null. Mit den erfolgreichen Produkteinführungen mit unterschiedlichen Datenprofilen, Vernetzungen von Maschinen und Anlagen sowie die Datenvisualisierung und – auswertung in unserer LHWebPlatform, haben wir eine gute Basis geschaffen(zur Live-Demo). Hier gilt es jetzt die Automation, Werkzeuge und Messtechnik mir ihren Produkten ins Boot zu holen, um für alle Bereiche und für unsere Kunden das volle Potential ihrer Produktion zu nutzen.
LHWebPlatform - Die Basis für Ihre Digitalisierungsprojekte
Liebherr bietet einen modularen Baukasten bestehend aus Datenprofilen, Schnittstellen und den vielfältigen Apps der LHWebPlatform. Aus diesen Bauteilen können maßgeschneiderte Lösungen entwickelt werden – perfekt abgestimmt auf die Anforderungen des Kunden. Das Spektrum der Anwendungen reicht von einfachen Monitoring-Aufgaben bis hin zu weitreichenden Industrie-4.0-Szenarien – etwa zur Prozessprotokollierung, Fertigungsanalyse und Produktionsoptimierung.
Können Sie uns einen Einblick geben, wie sich die Weiterentwicklung der Produkte und die Einbindung der Business Units gestaltet?
Wir können bereits viele Daten aggregieren und diese beispielsweise in der LHReportInfo für unsere Kunden in vorgefertigten, datenbasierten Berichten visualisieren. Wir werden noch tiefer in die Auswertung der Daten einsteigen, um den größten Mehrwert der Daten für unsere Kunden zu erreichen. Zukünftig sollen an unsere Dashboards neben den Verzahnmaschinen auch die Automationssysteme und die Messmaschinen angebunden werden.
Wie bereits erwähnt, besteht unser Team aus Experten aus all unseren Business Units. Jetzt gilt es, das interdisziplinäre Wissen zur Datenanalyse zu bündeln und in Algorithmen zu verpacken. Darauf können wir dann in weiteren Analyseprodukten und Assistenzsystemen aufbauen. Darüber hinaus beschäftigen wir uns auch mit Techniken des maschinellen Lernens. Hier gibt es konkrete Projekte, beispielsweise in der Bildverarbeitung, aber auch Ziele, diese Methoden unter anderem zur Erkennung von Anomalien einzusetzen.
Was ist für Sie die größte Herausforderung bei der Entwicklung digitaler Produkte?
Unsere Kunden haben viele spezifische Vorschriften. Es ist schwierig, die individuellen Kundenspezifikationen mit einem Standardprodukt abzudecken. Eine projektspezifische Neuentwicklung wäre jedoch zu zeitaufwendig und damit auch zu kostenintensiv. Uns ist es gelungen, unsere bisherigen Produkte so modular wie möglich aufzubauen, damit unsere Kunden sich aus einem Baukasten an Produkten bedienen können und sich so ihre maßgeschneiderte Digitalisierungslösung konfigurieren können. Damit können auch nicht nur neue Anlagen hochmordern digitalisiert werden, sondern auch bestehende Produktionsanlagen aufgerüstet werden.
Mit der zunehmenden Vernetzung gehen auch Bedenken bezüglich IT-Security einher. Die Akzeptanz und Offenheit gegenüber dem Austausch und Zugriff auf Prozessdaten und Messergebnissen wächst aber stetig. Letztendlich kann nur so das komplette Potential der digitalen Lösungen ausgeschöpft und echter Mehrwert geschaffen werden.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?
Für Entwickler ist es das Größte an Zukunftsthemen mitzuwirken und sich neue Fachgebiete zu erarbeiten. Der Weg nach vorne anstatt alte Themen aufzuarbeiten – das reizt mich jeden Tag aufs Neue.
Neben den eigentlichen Entwicklungsaufgaben sind aber die Kollegen natürlich mit einer der entscheidendsten Faktoren. Mein Team hat einen super Zusammenhalt, ist höchst motiviert und äußerst zuverlässig. So geht man jeden Tag gerne ins Büro.
Sie sind Liebherr schon sehr lange treu. Was macht die Arbeit bei Liebherr für Sie aus?
Das Thema Digitalisierung wird stark von der Familie Liebherr gestützt und spartenübergreifend getrieben. In diesem Bereich stehen wir oft vor den gleichen Herausforderungen, unabhängig vom Produkt. Themen wie Advanced Analytics und KI können schwer zu greifen sein. In Arbeitskreisen, unter anderem mit unseren Kollegen von den Baumaschinen, Aerospace und Hausgeräten, können wir uns austauschen und haben die Chance, herausfordernde Themen gemeinsam voranzutreiben und auszuarbeiten. Wir profitieren dabei von dem Wissen der anderen Produktbereiche und können diese in unsere Entwicklungen einfließen lassen.
Besonders gefällt mir auch, dass Liebherr ein Familienunternehmen ist, das aber trotzdem weltweit agiert. Als Teil eines Großkonzerns bieten sich mir weltweite Perspektiven und gewisse Freiheiten bei der Entwicklung von Produkten.