Verzahntechnik und Automationssysteme

Wälzschleifen von Doppelschrägverzahnungen

Doppelschrägverzahnungen lassen sich unter bestimmten Voraussetzungen künftig auch wälzschleifen. Damit erweitert die Liebherr-Verzahntechnik GmbH das Verfahrensspektrum für die Hartfeinbearbeitung dieser besonderen Verzahnungsart, um auch den höchsten Qualitätsanforderungen gerecht zu werden. Im Vergleich zu etablierten Verfahren wie dem Profilschleifen oder dem Hartfräsen ist das Wälzschleifen erheblich schneller und bietet damit auch aus wirtschaftlicher Sicht eine interessante Alternative.

Doppelschrägverzahnungen kombinieren die Vorteile von Gerad- und Schrägverzahnungen: Übertragung großer Kräfte, Laufruhe und reduzierte axiale Lagerkraft. Sie werden überall dort eingesetzt, wo eine hohe Leistungsdichte der Getriebe gefordert ist. Ihr Anwendungsspektrum reicht von sehr kleinen, leichten und kompakten Teilen in der Luft- und Raumfahrt über leistungsstarke Turbogetriebe bis hin zu riesigen Dimensionen in der Energie- und Fördertechnik.

Wälzschleifen als effiziente Alternative in der Hartfeinbearbeitung

Aufgrund gestiegener Qualitätsanforderungen hinsichtlich ihrer Effizienz, Laufruhe und Geräuschentwicklung müssen heute immer mehr Doppelschrägverzahnungen hartfeinbearbeitet werden. Für echte Pfeilverzahnungen ohne Spalt zwischen den Verzahnungen kommt aus fertigungstechnischen Gründen nur das 4- oder 5-achsige Hartfräsen infrage. Für Doppelschrägverzahnungen hat sich in den meisten Fällen das Profilschleifen etabliert. Nun ist es der Liebherr-Verzahntechnik GmbH gelungen, das Wälzschleifen als präzise und effiziente Alternative für die Hartfeinbearbeitung zu entwickeln. Nachdem Liebherr bereits die Weichbearbeitung von Doppelschrägverzahnungen durch eine präzise Korrekturmessung beim Wälzstoßen optimiert hat, hebt das Unternehmen jetzt die Hartfeinbearbeitung auf ein neues Level: Die Bearbeitungsgeschwindigkeit bei diesem Fertigungsschritt kann gegenüber dem Profilschleifen bis zu zehnmal höher sein. Das Ergebnis entspricht höchsten Qualitätsanforderungen. Das Werkstück muss dabei lediglich folgende Voraussetzungen erfüllen: Der Abstand zwischen den beiden Zahnrädern beträgt mindestens 23 Millimeter und das Modul darf nicht größer als 5 sein.

Vorteile des Wälzschleifens

− Deutlich kürzere Schleifzeiten

− Robuster gegen Aufmaßschwankungen und Härteverzüge

− Geringeres Risiko für Schleifbrand

− Wirtschaftliche Fertigung von topologischen Modifikationen

− Verbesserte Genauigkeit bei Apex-Punkt und Winkellage der Verzahnungen

− Sehr gute Einzel- und Summenteilungsqualität

− Potenzial zum Feinschleifen und Polieren zur Verbesserung der Oberflächengüte

− Kombination mit der vollautomatischen Aufmaß-Abtragsprüfung möglich

Leistungsfähige Schneidstoffe

Möglich wird dies unter anderem durch die Entwicklung robuster Schneidstoffe, die den wirtschaftlichen Einsatz von Schleifschnecken mit einem sehr kleinen Durchmesser ermöglichen. Als Schneidstoffe werden Sinterkorund-Schleifmittel in dreieckiger oder stäbchenförmiger Ausprägung oder CBN (kubisches Bornitrid) in galvanischer oder keramischer Bindung verwendet. Je nach Anwendungsfall und Anforderungen kann Liebherr aus einem breiten Spektrum den optimalen Schneidstoff anbieten.

Zwei Schleifschnecken auf einem Dorn

Für einen möglichst geringen Werkzeugüberlauf werden zwei Schleifschnecken eingesetzt, deren Steigungsrichtung jeweils der zu schleifenden Verzahnung entspricht: Die linksschräge Verzahnung am Doppelrad wird mit einer linkssteigenden Schleifschnecke, die rechtsschräge Verzahnung mit einer rechtssteigenden Schleifschnecke bearbeitet. Die beiden Schleifschnecken sitzen auf einem langen Dorn und werden von einer Software gesteuert, wobei die Bearbeitung der Zahnräder nacheinander erfolgt. Jede der beiden Schnecken kann das Werkstück sowohl schruppen als auch schlichten. Die Auslegung der Schnecken im CAD-Modell erfolgt mit dem Ziel, ihren Außendurchmesser und ihre Länge zu maximieren. „Bei der Auslegung der Schnecken haben wir uns überlegt, dass letztlich nur eine weitere Verzahnung mit einem anderen Schrägungswinkel hinzukommt – mehr nicht. Das haben wir ausprobiert, und die Versuche sind dann auch erfolgreich verlaufen“, erzählt Dr. Andreas Mehr, Experte fürdas Verzahnungsschleifen bei Liebherr, augenzwinkernd von der Entwicklung.

Höchste Qualität bei der Verzahnungsgeometrie

Beim Wälzschleifvorgang selbst wird zunächst die obere Verzahnung fertig geschliffen. Sie dient als Referenz für die Winkellage der beiden Verzahnungen zueinander. Über einen abgestimmten Einmittvorgang wird dann die untere Verzahnung sehr präzise lageorientiert zur ersten geschliffen. Durch die Bearbeitung in einer Aufspannung lässt sich eine hervorragende Teilung erzielen. Das heißt, der Abstand von beispielsweise einer linken zur nächsten linken Zahnflanke wird nahezu perfekt. Auch die axiale Position der Zahnräder zueinander, der sogenannte Apex-Punkt, wird mit dieser Technologie sehr exakt erreicht. Neben den deutlich schnelleren Bearbeitungszeiten hat das Wälzschleifen gegenüber dem Profilschleifen weitere Vorteile: Das Verfahren ist robuster gegen Aufmaßschwankungen und Wärmebehandlungsverzüge.

Neben dem präzisen Apex-Punkt erzielt es eine wesentlich höhere Genauigkeit auch bei der Winkellage (Index) der Ebenso wichtig ist eine Software mit einfachen und leicht verständlichen Eingabe- und Korrekturmöglichkeiten, die für Doppelschrägverzahnungen ausgelegt ist und die Möglichkeit bietet, die einzelnen Räder und ihre Winkellage zueinander zu korrigieren. Bei entsprechender Programmierung ermöglicht die Nachschleiffunktion sogar die Herstellung des ersten Teils als Gutteil. Nachrüstbar auf Bestandsmaschinen Das Verfahren lässt sich auch auf bereits vorhandenen LGG-Schleifmaschinen von Liebherr nachrüsten, sofern beiden Verzahnungen zueinander. Ebenso verbessert es die Oberflächenrauheit und bietet mehr Stabilität beim Schleifen der Zahnfußkontur. Die Einzel- und Summensteigungsqualität ist dank des kontinuierlichen Prozesses sehr hoch. So lassen sich auch topologische Modifikationen wie beispielsweise gezielte Endrücknahmen oder verschränkungsfreies Schleifen wirtschaftlich herstellen. Darüber hinaus ist das Risiko für Schleifbrand geringer.

Allgemeine Anwendungsrichtlinien und Grenzen

Verfahren der Hartfeinbearbeitung: Richt- und Grenzwerte
Kriterien4-Achs-FräsenProfilschleifenWälzschleifen
Modul1 – 50 mm1 – 30 mm1 – 5 mm
ProduktionEinzelteilEinzelteil bis
mittlere Menge
Mittlere Menge bis
Massenproduktion
WeichbearbeitungJaBegrenztBegrenzt
WeichbearbeitungJaJaJa
Spaltmaß0 mm15 mm25 mm
RadqualitätISO 5ISO 3ISO 5
Index-Genauigkeit+/- 15 µm+/- 30 µm+/- 20 µm
OberflächenfinishRz 2-10 µmRz 2-4 µmRz 3-6 µm

Anforderungen an Schleifkopf und Software

Für das Wälzschleifen von Doppelschrägverzahnungen braucht es einen leistungsstarken und dynamischen Schleifkopf mit Gegenlager, der die Bearbeitung sowohl mit kleinen als auch langen Schleifschnecken erlaubt. Hierfür eignet sich der neu konzipierte Schleifkopf GH 240 CB von Liebherr. Er besitzt Haupt- und Gegenlager und erreicht eine maximale Spindeldrehzahl von 12.000 bzw. optional sogar 17.000 Umdrehungen pro Minute. Ebenso wichtig ist eine Software mit einfachen und leicht verständlichen Eingabe- und Korrekturmöglichkeiten, die für Doppelschrägverzahnungen ausgelegt ist und die Möglichkeit bietet, die einzelnen Räder und ihre Winkellage zueinander zu korrigieren. Bei entsprechender Programmierung ermöglicht die Nachschleiffunktion sogar die Herstellung des ersten Teils als Gutteil.

Wir können für jeden Kunden eine maßgeschneiderte Lösung entwickeln.

Dr. Andreas Mehr, Leiter Angebote Konstruktion Verzahntechnik

Nachrüstbar auf Bestandsmaschinen

Das Verfahren lässt sich auch auf bereits vorhandenen LGG-Schleifmaschinen von Liebherr nachrüsten, sofern sie mit dem Schleifkopf GH 240 CB und einer LHGearTec-Steuerung ausgestattet sind. Der Schleifkopf ist aufgrund seiner Bauweise, der Shiftlänge und der Möglichkeit, auch kleine Schleifschnecken aufzuspannen, die unabdingbare Grundlage für das Wälzschleifen von Doppelschrägverzahnungen. Liebherr untersucht jeden Anwendungsfall individuell und unterstützt dabei mit seiner Expertise und Prozesskompetenz, um für jede Anwendung die höchste Qualität zu erzielen. „Wir können für jeden Kunden eine maßgeschneiderte Lösung entwickeln“, erklärt Dr. Mehr.

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