5 Minuten | Magazin 01/2021
Wie kam es zum Ballastwagen und wo geht die Reise hin?
Raupenkrane sieht man häufig an großen Baustellen. Da sie typischerweise bei Schwerlast-Hüben eingesetzt werden, benötigt man große Ballast-Mengen als Gegengewicht. Dabei stehen verschiedenste Ballast-Arten zur Verfügung, je nach Einsatzzweck: Drehbühnenballast, Derrickballast, Schwebeballast, V-Frame – oder eben ein Ballastwagen. Jens Könneker, Produktmanager Gittermastkrane, erläutert die Entstehung des Ballastwagens und wagt einen Blick in die Zukunft.
Wie kam man überhaupt darauf, einen Ballastwagen zu konstruieren? Bei Raupenkranen stehen wir oft vor dem Problem, dass für einen Hub viel Ballast benötigt wird. Nehmen wir zum Beispiel eine Werft, wo ein Kran oft an mehreren Standorten schwere Hübe durchführen muss, für die er viel Ballast benötigt. Zwischen den Hüben fährt er, ohne Last am Haken, den nächsten Standort an.
Jens Könneker, Produktmanager Gittermastkrane
Dazu müsste er den Ballast auf- und abstapeln, also würde er viel Zeit verlieren. Genau hier kommt der Ballastwagen ins Spiel. Seine Intention: Er ermöglicht grundsätzlich ein Fahren des Raupenkrans mit Ballast, egal ob mit oder ohne Last am Haken. Der Kran zieht dabei immer so viel Ballast, wie er für die aktuelle Anforderung benötigt. Dadurch kann schneller und effizienter mit dem Kran gearbeitet werden. Das spart auch den Hilfskran fürs Umballastieren ein. Ein zweiter Punkt hinter der Idee: Oft sind die Platzverhältnisse sehr beschränkt, zum Beispiel in Raffinerien. Meist ist dort nicht einmal genug Raum zum Ballastieren. Auch hier kann ein Ballastwagen Vorteile bieten, da er angehängt werden kann. Das hat auch einen technischen Vorteil, denn der Ballastwagen entlastet die Drehbühne und den Unterwagen, da kein Moment eingeleitet wird.
Ballastwagen-Entwicklung auf einen Blick: Erst auf Schienen, ...
Wann ging es mit dem ersten Ballastwagen los? Er wurde auf Schienen konstruiert, das war in den 70er Jahren. Zu Beginn waren nur Kreisfahrten möglich, das heißt, der Kran konnte nur stationär arbeiten und drehen. Die ersten Ballastwagen auf Reifen wurden in den 80er Jahren konstruiert und in Betrieb genommen. Gerade am Anfang waren sie oft überballastiert, um für zusätzliche Sicherheit zu sorgen. Dennoch führten sie zu einer einfachen Traglaststeigerung der vorhandenen Krane. Bereits für die Krantypen LR 1400, LR 1550 und LR 1650 wurden erste Ballastwagen konstruiert, dies lief damals noch bei Partnern.
... dann auf Reifen.
Der nächste Entwicklungsschritt war der erste Ballastwagen mit LICCON1- Steuerung. Er hatte jedoch noch keinen Antrieb. Deshalb musste immer ein zusätzliches Drehwerk am Kran eingebaut werden. Erst später wurde dieser Wagen dann mit einem eigenen Antrieb ausgerüstet, erstmals für den LR 1750 konstruiert. Wenn nötig konnte hier, quasi als Anfahrhilfe, der Antrieb zugeschaltet werden. Aber mehr als eine Zuschaltung bei Bedarf ging noch nicht. Eine Revolution war dann der LICCON2-Ballastwagen, gebaut für den LR 11000. Es war der erste Ballastwagen mit einer High-End-Ansteuerung, der nun feinfühlig den Kranbewegungen folgte – basierend auf einer proportionalen hydraulischen Ansteuerung des Fahrantriebes. So sind jetzt Kreisfahrt, Parallelfahrt und Schleppfahrten perfektioniert, wobei hier aus der Krankabine oder über ein Bedienpult am Ballastwagen gelenkt werden kann.
Immer wieder gab es Wünsche unserer Kunden, den Ballastwagen für mehrere Krantypen nutzen zu können. Da er selten zum Einsatz kommt, würden sich so Kosten deutlich einsparen lassen. Erstmals möglich war bei uns der reibungslose Austausch des Ballastwagens zwischen dem LR 1600/2 und dem LR 1750/2. Im vergangenen Jahr gelang uns die Konstruktion eines neuen Ballastwagens für gleich drei Krantypen: der M-Wagon, mit sehr vielen Gleichteilen. Er passt für den neuen LR 1700-1.0, den LR 1800-1.0 sowie den LR 11000. Natürlich ausgerüstet mit der feinfühligen LICCON2-Steuerung.
Die Zukunft: Ein Ballastwagen mit SPMT als Unterwagen.
Damit ist die Weiterentwicklung des Ballastwagen-Systems aber nicht abgeschlossen – ein Blick in die Zukunft lohnt sich. Wir arbeiten derzeit an einem System, welches uns erlaubt, herkömmliche SPMT mit dem Kran zu verbinden. Da die SPMT überall in der Welt verteilt sind, entsteht so die Möglichkeit, einen Ballastwagen einfach zu bauen. Dabei werden die SPMT mechanisch und steuerungstechnisch am Kran integriert. Momentan steckt die Entwicklung noch in den Kinderschuhen, sieht aber bereits sehr Erfolg versprechend aus.
Vielleicht noch ein letzter Hinweis, da wir immer wieder gefragt werden: Bei einem Ballastwagen sind heute die Reifen nicht mehr nur mit Luft gefüllt, sondern durchgehend mit PU-Schaum. Das verringert die Abplattung und erhöht die Sicherheit deutlich. Ein mit Luft gefüllter Reifen kann bersten und dann sackt im Zweifelsfall der ganze Ballastwagen zusammen. Die Explosion eines Reifens mit solch großem Volumen und Druck wäre extrem gefährlich. Bei einem mit PU-Schaum gefülltem Reifen kann dies nicht passieren.
Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 01 | 2021.