8 Minuten | Magazin 01/2022
Mit Ypsilon schick und stabil
Es ist das größte privatfinanzierte Infrastrukturprojekt in Europa: Im Süden des Frankfurter Flughafens entsteht zurzeit das neue Terminal 3.
Mit Terminal 3 in die Zukunft
Der Flughafenbetreiber Fraport investiert rund 4 Milliarden Euro in die Zukunft des Frankfurt Airport. Mit dabei die Schick Group und ihre Liebherr-Mobilkrane – und 86 Y-Stützen, die für Stabilität und Eleganz sorgen. Echt schick.
„Als wir 2018 mit dem Bau begannen, war hier nur grüne Wiese“, berichtet Carina Wehner. Die 27-jährige Bauingenieurin ist Projektleiterin im Bereich Betonfertigteilbau bei der Anton Schick GmbH + Co. KG. Gemeinsam mit zwei weiteren Projektleitern, Aileen Kempf und Michael Metz, ist sie für den kompletten Prozess von der Planung über die Herstellung und den Transport bis zur Montage auf der Baustelle verantwortlich. Michael Metz ist bereits seit 20 Jahren beim Unternehmen Schick: „Die Flughafenerweiterung ist das größte Bauprojekt in der Geschichte unserer Unternehmensgruppe.“
Die Schick Group baut am Terminal 3 den Vorfeldtower mit einer beeindruckenden Höhe von 70 Metern und die beiden wesentlichen Passagierflugsteige. Pier J mit drei Ebenen, einer Länge von 600 Metern und 27.000 m² Grundfläche wird Platz für 14 Gebäudepositionen für Flugzeuge bieten. 10 Positionen werden es bei Pier H sein: zwei Ebenen, 400 Meter Länge und 16.000 m² Grundfläche. Tausende tonnenschwere Betonfertigteile werden dafür benötigt. Die allermeisten werden in einem der eigenen Betonfertigteilwerke der Schick Group im rund 150 Kilometer entfernten Bad Kissingen gefertigt.
Ein LTM 1090-4.2 montiert eingefärbte Beton-Fassadenelemente an Pier H.
Y-Stützen geben Halt und Gestalt
Viele der Betonteile werden auch nach Fertigstellung der Piers sichtbar sein. Sie sind daher entsprechend gestaltet und gefertigt. Nahezu alle Betonfertigteile wurden mit speziellem Granulat durchgefärbt. Besonders auffällig sind 86 Y-Stützen, die beidseitig entlang des Pier J angebracht sind. „Die Y-Stützen erfüllen sowohl tragwerkstechnische als auch architektonische Zwecke. Tragwerkstechnisch dienen sie als Lastabtrag der darüber liegenden auskragenden Decke über der Ebene E02 in den Boden. Ihre architektonische Besonderheit ist die einzigartige Geometrie. Sie haben ausschließlich schräg zueinander laufende, scharfe Kanten“, erklärt Wehner die doppelte Funktion. „Unseren Bauherren sind sie elementar wichtig und sie müssen exakt dem Plan der Architekten entsprechen“, ergänzt Metz.
Es gibt insgesamt fünf verschiedene Typen der Y-Stützen, je nach statischer Beanspruchung. Dazu kommen DoppelY-Stützen, die an den Endseiten der Piers besonderen Halt geben. Die meisten Stützen wiegen 22,5 Tonnen, die schwersten bringen 44 Tonnen auf die Waage. Metz erklärt den besonderen Ablauf der Montage: „Sie erfolgt über zwei Autokrane, einen LTM 1230-5.1 und je nach Verfügbarkeit einen LTM 1090-4.2 oder 1160-5.2. Der 230-Tonner schlägt die Stütze an und hält sie im Montagezustand. Der kleinere Kran unterstützt beim Verheben, bis durch die Drehung in der Luft die erforderliche Schrägstellung erreicht ist. Nach dem Aufstellen montiert er die erforderlichen Schrägstützen, die die Y-Stützen nach vorn bis zum Verfüllen und Erhärten der Köcherfundamente abstützen.“
Aileen Kempf bespricht vor Ort die nächsten Kraneinsätze für die Montage von Beton-Fassadenelementen.
Wehner sagt: „Die Montage ist deshalb besonders anspruchsvoll, weil die Neigung von sieben Grad nach vorn exakt eingehalten werden muss. Weil das schwer zu kontrollieren ist, prüfen Vermessungstechniker mit eigens hergestellten Messlehren, ob die Position der Y-Stütze im Toleranzbereich liegt.“
Alles aus einer Hand
Der Prozess aus Planung, Herstellung, Transport, Montage vor Ort und Einbettung in den Rohbau wird von der Schick Group komplett betreut und abgewickelt. Eigene Fahrzeuge, eigene Mobilkrane, eigenes Personal, Planung und Bauleitung vor Ort – alles aus einer Hand. Aileen Kempf, die seit fast zehn Jahren bei der Schick Group arbeitet, sieht darin große Vorteile: „Wir haben eine sehr gute Kommunikation untereinander und können so sehr flexibel und schnell agieren. Sobald ein Kran frei wird, ist er für andere Arbeiten verfügbar.“
Experten für den kompletten Fertigteil-Prozess: Carina Wehner und Michael Metz. Im Hintergrund der ebenfalls von der Schick Group errichtete neue Tower für Terminal 3.
Michael Metz schätzt den direkten Draht zu den Kranfahrern: „Die Kraneinsätze planen wir im Büro mit dem LICCON-Einsatzplaner von Liebherr. So können wir feststellen, welcher Krantyp für einen bestimmten Job benötigt wird. Wir definieren dann die Krankonfiguration und den Standort. Und das ist manchmal eine echte Herausforderung, weil sowohl die Fläche für die Krane, als auch für die Beschickung der Krane begrenzt ist. Unser Konzept besprechen wir dann vor Ort mit den Kranfahrern, denn sie haben die Erfahrung aus der Praxis. Ihr Feedback ist sehr wertvoll. Besonders komplexe Einsätze simulieren wir direkt auf der Baustelle.“
„Häufig sind Störkanten zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass die maximale Kranhöhe von Fraport aufgrund des Flugbetriebs auf 60 Meter beschränkt ist. Wenn der Schwenkbereich eines Mobilkrans in den eines Baukrans ragt, muss dieser abgestellt werden. Arbeitssicherheit wird hier auf der Baustelle ganz großgeschrieben“, ergänzt Kempf.
Flughafen Frankfurt
– 1972 Eröffnung Terminal 1
– 1994 Eröffnung Terminal 2
– 2019 70 Millionen Passagiere
– 81.000 Beschäftigte aus 88 Nationen
– Täglich (2019):
190.000 Passagiere
1.400 Starts und Landungen
6.000 Tonnen Cargo
Bei bis zu fünf Mobilkranen, die sich gleichzeitig auf der Baustelle bewegen, müssen Kranqualität und Service schon wirklich passen. Für Metz ist das der Fall: „Wir haben einen direkten Draht zum Liebherr-Service. Anfallende Wartungsarbeiten übernimmt der Liebherr-Kundendienst freitags und samstags, damit die Krane unter der Woche wieder zur Verfügung stehen. Zudem hatten wir nur sehr wenige Kranausfälle. An einen Fall erinnere ich mich aber noch gut: Nachmittags trat ein Problem auf. Am nächsten Morgen um fünf war der Liebherr-Monteur da, um sieben lief der Kran wieder. Das hat mich sehr beeindruckt.“
Terminal 3
– 2026 Geplante Eröffnung
– 2015 Baubeginn
– Investitionsvolumen 4 Milliarden €
– 176.000 m² Grundfläche, entspricht 25 Fußballfeldern
– 403.000 m² Gesamtfläche aller Ober- und Untergeschosse
– 112.000 t Stahl, entspricht der Stahlmenge von 15 Eiffeltürmen
– 19 Millionen Passagiere, finale Ausbaustufe bis 25 Millionen Passagiere
2026 soll Terminal 3 in Betrieb gehen. Dann können pro Jahr zusätzlich 19 Millionen Passagiere abgefertigt werden. Eine finale Ausbaustufe sieht sogar 25 Millionen Fluggäste vor. Die Schick Group wird ihre Leistungen vor Ort 2022 abschließen. Im Betonfertigteilbau gehören außer der Fertigung und Montage der konstruktiven Teile der Außenfassade auch Elemente der Möblierung dazu. Zum Beispiel Sitzbänke aus superglattem, eingefärbtem Beton. Einfach schick.
Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 01 | 2022.