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8 Minuten | Magazin 02/2019

Krane und Ozeanriesen

Weil nicht nur mehr, sondern auch immer größere Ozean-Riesen nachgefragt werden, auf denen schon mal 6.000 Passagiere Platz und Vergnügen finden sollen, stoßen manche der Werften langsam an die Grenzen ihrer Kapazität. Immer häufiger helfen deshalb Mobilkrane bei den Schiffsbauern aus. Ein Werftbericht aus dem Emsland.

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Finale Ausrüstung: Drei Liebherr-Mobilkrane der Ulferts GmbH heben im Hafen in Emden Material an Bord eines fertiggestellten Luxusliners der Meyer Werft.

Zu Besuch bei Giganten

Hoch in Deutschlands Norden und nur wenige Kilometer von der niederländischen Grenze entfernt liegt das kleine Städtchen Papenburg. Dort, 50 Kilometer jenseits der Küste und nur über ein Flüsschen sowie eine weite Bucht mit der Nordsee verbunden, ragen die gewaltigen Hallen der traditionsreichen Meyer Werft aus der flachen Landschaft weithin sichtbar empor. Der 1795 gegründete Schiffsbaubetrieb hat vor 35 Jahren sein erstes Kreuzfahrtschiff vom Stapel gelassen und zählt inzwischen zu den Global Playern in diesem boomenden Segment. Und obwohl die eifrigen Schiffsbauer im Emsland sich mit dem größten überdachten Baudock der Welt rühmen können, scheint der Werftbetrieb aus allen Nähten zu platzen. Weil das über 500 Meter lange Gebäude mit 75 Metern Höhe für die Giganten unter den Ozean-Riesen oft schon zu niedrig ist, müssen immer häufiger hochgelegene Bauteile wie Schlotverkleidungen oder Antennenanlagen im Freien montiert werden. Zudem ist der Zeitdruck in den Baudocks so groß, dass die bis zu 140 Meter langen Schwimmteile, aus denen die Luxusliner am Ende zusammengesetzt sind, oftmals ausgedockt und unter freiem Himmel fertiggestellt werden.

Dann schlägt die Stunde der großen Mobilkrane. Seit vielen Jahren unterstützen die niedersächsischen Krandienstleister Gertzen und Ulferts mit ihren Fahrzeugkranen die große Papenburger Schiffswerft beim Bau ihrer „schwimmenden Kleinstädte“. „Inzwischen sind wir etwa dreimal im Jahr mit Großkranen in der Papenburger Werft“, berichtet Geschäftsführer Wolfgang Gertzen, der mit Hauptsitz im 20 Kilometer entfernten Kluse Krandienste und Schwerlastlogistik anbietet. Auch die Ulferts-Krane sind häufig auf dem Werftgelände anzutreffen. Meistens sind mehrere Mobilkrane gleichzeitig mit dem finalen Ausrüsten eines fertigen Luxusliners kurz vor Übergabe an den Kunden beschäftigt. Diesen Sommer rollte erstmals ein Gittermastkran vom Typ LG 1750 der Firma Nolte-Autokrane aus Hannover durch das Papenburger Werkstor.

Die Schwierigkeit bei diesem Job war tatsächlich, die zwanzig Anhängepunkte gleichmäßig zu belasten

erklärt Jürgen Peters im Interview. Bei Nolte ist er für die Einsätze der großen Krane zuständig.

Ein knapp 1.000 Quadratmeter großes Kuppeldach aus Glas musste über dem Pool auf dem Sonnendeck eines Schiffmittelteils montiert werden. Bei dem Job handelte es sich um ein nicht alltägliches und recht kompliziertes Unterfangen. Um Schäden an dem filigranen, aus 340 Isoliergläsern bestehenden Kuppelbau zu vermeiden, war es erforderlich, das Gewicht über 20 Befestigungspunkte gleichmäßig auf die Last zu verteilen. Es dauerte Stunden, ehe das ovale und gewölbte Glasdach über die unterschiedlich langen Anschlagmittel schließlich in Planlage an der Spezialtraverse hing. Der Hub des Gewölbes mit einer Bruttolast von 138 Tonnen war dann fast schon eine Kleinigkeit. Keine halbe Stunde dauerte der Hebevorgang, bis die Monteure auf dem ausgedockten Bauteil die freitragende Glaskuppel auf ihren Pfeilern festmachen konnten.

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Parallel zu den Stellplätzen der Krane findet die Bestückungslogistik statt.

Seit Jahrzehnten im Einsatz

Die Häufigkeit der Einsätze von Mobilkranen auf dem Gelände der Meyer Werft nimmt beständig zu. Der Schiffsbauer plant, künftig drei in Papenburg gefertigte Ozean-Riesen pro Jahr an seine Kundschaft zu übergeben. Noch in den 1990er-Jahren lief dort jährlich nur etwa ein Kreuzfahrtschiff vom Stapel. Eine hochkomplexe Logistik mit ausgeklügelter Baustrategie, 3.500 Werksangestellte sowie scharenweise Arbeiter externer Dienstleister machen diesen hohen Output an Schiffen möglich. Und natürlich immer wieder auch der Einsatz unserer modernen Krane auf dem Werftgelände.

Schon seit Jahrzehnten heben Mobilkrane von Liebherr dort schwere oder große Elemente auf die fast fertig gestellten Kreuzfahrtschiffe. Wenn es der streng getaktete Zeitplan der Schiffsbauer verlangt, arbeiten die Kranfahrer und ihre Teams sogar bei Dunkelheit. Vor vier Jahren etwa mussten zwei LTM 1750-9.1 die Schlotverkleidung der „Anthem of the Seas“ in den Nachtstunden setzen – der Auslieferungstermin für das fast 5.000 Passagiere fassende Schiff stand kurz bevor. Und sogar in den Baudocks sind die Mobilkrane von Ulferts oder von Gertzen willkommene Helfer und packen mit an, wenn die werfteigenen Hallenkrane mit der Arbeit mal nicht mehr hinterherkommen. Für die Papenburger Verhältnisse zwar kleine, aber wichtige Zuarbeiter bei dieser logistischen Meisterleistung des Kreuzfahrtschiffbaus im Emsland.

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Eilauftrag im Baudock: Wenn die Zeit drängt und die Hallenkrane anderweitig beschäftigt sind, muss schon auch mal ein LTM 1130-5.1 den stattlichen Schiffspropeller montieren

Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2019.

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