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Alles neu
Nach fünf Jahren Entwicklungszeit läutet Liebherr-France in Colmar eine neue Epoche bei den Raupenbaggern ein. Die Generation 8 des schweren Geräts steht für nicht weniger als eine technologische Revolution – bei den Maschinen genauso wie in ihrer Produktion.
Ein besonderer Tag für eine neue Generation
Es gibt zwar keinen Kuchen, kein Glockengeläut und auch keine Festmusik, dennoch ist diese Hochzeit wirklich etwas ganz Besonderes. An einem Donnerstagnachmittag im Februar gehen in Colmar der Ober- und Unterwagen eines R 922 einen Bund fürs Leben ein: Der 60.000. Raupenbagger aus dieser traditionsreichen Liebherr-Produktionsstätte in Frankreich steht damit kurz vor seiner Fertigstellung. Alle Beteiligten sind in diesem Moment viel zu konzentriert und angespannt, als dass sie auch nur auf die Idee kämen, nun die Korken knallen zu lassen. Es geht schließlich heute nicht nur um eine Jubiläumsmaschine, sondern zudem auch um die erste „Hochzeit“ auf der neuen Fertigungslinie für die Raupenbagger-Generation 8. Da sind viele Prozesse und Handgriffe noch keine Routine und verlangen von den Akteuren höchste Aufmerksamkeit. Immerhin ist ein Kameramann da, um diesen doppelt historischen Moment festzuhalten. Fünf Millionen Euro hat Liebherr-France SAS in die neue Fertigung investiert. Drei Montagelinien laufen hier in Halle 5 und 6 parallel nebeneinander. Die Linie, auf der die historische Hochzeit stattfand, unterscheidet sich schon auf den ersten Blick deutlich von den anderen. „Es ist alles neu“, sagt Florent Ariaux, Gruppenleiter Engineering Process Management. „Die Montageplätze, die pneumatisch geführten Transportschienen, die Materialversorgung und Logistik, die digitale Prozesssteuerung.“
Es ging uns um einen großen Wurf, der den Raupenbaggern von Liebherr den Weg in die Zukunft weist.
Und dies ist auch nicht zu übersehen. Es gibt viel Platz und schon auf den ersten Blick erkennbar gute, ergonomische Arbeitspositionen. Hier wurde klar erkennbar eine vollkommen neue Produktionsphilosophie realisiert.
„Es ging uns um einen großen Wurf, der den Raupenbaggern von Liebherr den Weg in die Zukunft weist“, bestätigt dann auch Thomas Haas, Head of Product Management der Liebherr-France SAS. „Wir haben dazu mit der Generation 8 eine völlig neue Raupenbaggerkonzeption für den Einsatz bei Erdbewegungen und im Steinbruch geschaffen – plattformbasiert mit modularer Gestaltungsvielfalt. Dazu brauchten wir auch eine entsprechend flexible und dynamische Fertigungsstruktur.“ Bei dem in aller Bescheidenheit gefeierten 60.000. Raupenbagger handelt es sich um einen Vertreter der neuen Generation 8. Mehr Leistung, eine noch höhere Produktivität und noch mehr Sicherheit sowie maximalen Komfort für den Bediener und das Wartungspersonal haben sich die Entwickler auf die Fahnen geschrieben.
In der Einführungsphase umfasst die Generation 8 sieben Modelle von 22 bis 44 Tonnen. Die Modelle R 922 und R 924 mit ihren Motoren der Abgasstufe V sind dabei für stark emissionsregulierte Länder konzipiert, während die anderen fünf Modelle R 926, R 930, R 934, R 938 und R 945 mit entsprechenden Motorenvarianten für stark und weniger regulierte Länder bestimmt sind. „Es geht uns dabei immer um Kundennähe. Mit einer gesteigerten Motorleistung für kürzere Beladetakte, einem schwereren Ballastgewicht für höhere Löffelkapazitäten sowie einem minimalen Kraftstoffverbrauch konnten wir die Wirtschaftlichkeit der Modelle signifikant steigern“, betont Thomas Haas.
Das Herzstück innerhalb dieses Steuerblocks bildet die innovative elektronische Vorsteuerung der Hydraulik.“
„Unser Credo lautet vom Markt zum Markt“, beschreibt Haas die Liebherr-Entwicklungsphilosophie. In dem fünfjährigen Entwicklungsprozess hätten sowohl die Produktmanagement-, Entwicklungs- und Produktionsabteilungen als auch Einkauf und Vertrieb im permanenten Dialog gestanden. Auch firmengruppenintern habe es einen sehr engen Austausch gegeben. Vor allem mit der Komponentensparte. „Das führte dazu, dass wir gemeinsam mit den Kollegen aus Biberach, Lindau und Bulle die neuen Komponenten von Anfang an sehr eng auf unsere Anwendungen anpassen konnten“, sagt Florent Ariaux. Mit Bauteilen „von der Stange“ wäre das so nicht möglich gewesen. Im Ergebnis habe man so sehr schnell und zielgerichtet unterschiedliche Modulplattformen schaffen können, die in der Produktion gemeinsame Strukturen und eine Bündelung von Komponenten für die verschiedenen Modelle ermöglichten.
„Diese enge Zusammenarbeit trägt auch dazu bei, dass wir die Grabkräfte der Ausrüstung, die Zugkräfte des Unterwagens sowie das Schwenkmoment des Oberwagens im Vergleich zur vorherigen Generation stark erhöhen und perfekt aufeinander abstimmen konnten“, erklärt Haas. „Wir erreichen so ein weit höheres Leistungsniveau auf der Baustelle“. Ein weiteres Beispiel ist der neue Steuerblock der Generation 8, der auftragsbezogen in Sandwichbauweise für alle Abgasstufen und damit für alle Märkte konfektioniert werden kann. „Das Herzstück innerhalb dieses Steuerblocks bildet die innovative elektronische Vorsteuerung der Hydraulik. Mindestens genauso wichtig wie die Performance sei bei dieser Innovation, „dass wir damit schon heute die Basis für die weitere Digitalisierung all unserer Maschinen schaffen“. So sei Liebherr bestens vorbereitet für die Baustelle 4.0.
Aber auch in ganz „normalen“ Baustellenumgebungen zeigt sich die Generation 8 sehr gut aufgestellt. „Für noch mehr Sicherheit bei den Wartungsarbeiten haben wir den Zugang zum Oberwagen und zur Plattform vergrößert und überarbeitet. Der Aufstieg ist nun seitlich möglich“, sagt Haas. Besonders bedienerfreundlich erweist sich auch das neue Servicekonzept der neuen Raupenbagger. Alle Wartungsstellen sind vom Boden aus erreichbar. Zur perfekten Kontrolle werden die Motoröl-, Hydrauliköl-, Kraftstoff- und Harnstofffüllstände von der Maschine überwacht und auf dem Display in der Fahrerkabine angezeigt.
Im Arbeitsbetrieb geben zudem serienmäßige Heck- und Seitenkameras oder das optionale SkyView-360°-Kamerasystem dem Fahrer eine optimale Rundumsicht. Die Halogenscheinwerfer wurden vollständig durch LED-Technologie ersetzt, wodurch eine deutlich bessere Beleuchtung bei längerer Nutzungsdauer und reduziertem Stromverbrauch erreicht wird. Darüber hinaus helfen dem Fahrer Assistenzsysteme zur Hindernis- und Personenerkennung, warnen ihn im Zweifelsfall und helfen damit, Kollisionen zu vermeiden. Bis zur Baustelle ist es für den R 922 von der Hochzeit in Colmar aber noch ein langer Weg. Denn für den königsblauen Raupenbagger hat Liebherr besondere Pläne. „Er geht 2019 erst einmal auf Roadshow“, kündigt Thomas Haas an. „Dann kann er den Kunden in ganz Europa live zeigen, was alles in der Generation 8 steckt.“
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