Mobil- und Raupenkrane
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14 Minuten | Magazin 02/2019

Abgastests im realen Fahrbetrieb

In einer Testreihe mit TÜV NORD und dem Engineering Partner IAV bewies sich jüngst, dass sogar Großfahrzeuge wie unser 5-achsiger LTM 1160-5.2 mit einem Fahrgewicht von 60 Tonnen die hohen Onroad-Standards der Euro-Norm VI c erfüllen.

Mobilkran auf Augenhöhe mit modernem Lkw

Dr. Ulrich Hamme, Technischer Geschäftsführer bei Liebherr in Ehingen, Daniel Rössner, Entwicklungsingenieur bei Liebherr, Daniel Lüderitz von der IAV und Dr. Martin Goschütz vom TÜV NORD berichten über die sogenannte PEMS-Testreihe in Ehingen. PEMS steht für Portable Emission Measurement System.

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Dr. Ulrich Hamme (Liebherr), Daniel Lüderitz (IAV) und Daniel Rössner (Liebherr) bei der PEMS-Testreihenplanung

Kürzlich waren die Prüfer des TÜV NORD und des Engineering-Partners IAV für aufwändige Prüfungen in Ehingen. Wie kam es dazu?

Dr. Hamme: Mobilkrane werden weltweit im Vergleich zum Lkw ja nur in sehr begrenzten Stückzahlen eingesetzt und fahren pro Fahrzeug und Jahr nur etwa 10.000 Kilometer. Trotz dieser schon nutzungsbedingt sehr geringen Umweltbelastung kommt moderne und aufwändige Technologie in der Abgasnachbehandlung, also zur Reinigung der Abgase, zum Einsatz. Um zu beweisen, dass wir uns nicht hinter konventionellen Fernverkehrs-Lkw verstecken müssen, haben wir diesen PEMS-Test durchgeführt. Wir möchten zeigen: Unsere Krane sind sauber. Unsere Umwelt wird nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis sicher und zuverlässig geschützt.

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Der Konvoi aus Mobilkran und Fernverkehr-Lkw auf der Strecke zwischen Ulm und Ehingen.

Durch die Abgasskandale der Autoindustrie sind Testreihen scharf in die Kritik gekommen. Wie garantieren Sie, dass bei diesem PEMS-Test die ungeschminkte Wahrheit ans Licht geholt wurde?

Daniel Lüderitz: Das Wichtigste vorneweg: Diese PEMS-Tests sind Messungen während des realen Straßenfahrbetriebs. Wir messen also die Abgasemission im Realbetrieb unter alltäglichen Verkehrsbedingungen, nicht auf dem Prüfstand. Hierbei wird im normalen Verkehr über festgelegte Strecken gemessen. Die Route muss, das ist durch den Gesetzgeber festgelegt, eine gewisse Aufteilung von Stadt-, Überland und Autobahnfahrt erfüllen. Bei der Euro VI c-Messung, die wir hier durchführen, bedeutet dies 20 Prozent Stadtfahrt, 25 Prozent Überlandfahrt und 55 Prozent Fahrt auf der Autobahn.

Dr. Goschütz: Die Route hat sich dann aus Vormessungen von Liebherr ergeben. Diese haben wir nochmals überprüft und testweise gefahren. Herausgekommen ist eine Streckenführung um Ehingen und Ulm mit 105 Kilometer Länge. Rund 15 Kilometer in der Stadt, um die 25 Kilometer Überland und 75 Kilometer auf der Autobahn. Seitens TÜV NORD haben wir die Vergleichsmessung zwischen einem Mobilkran vom Typ LTM 1160-5.2 mit Offroad-Abgasstufe V und einem Fernverkehrs-Lkw vom Typ Mercedes Actros 1842 mit der Onroad Euro VI c begleitet. Wir stellen sicher, dass die Messtechnik kalibriert ist, die Messungen ordnungsgemäß durchgeführt werden und dokumentieren die Ergebnisse in einem unabhängigen Bericht.

Daniel Rössner: Wir haben gemeinsam am Kran die PEMS-Messanlage installiert. Die besteht im Wesentlichen aus der Messung der Abgase direkt am Endrohr. Für die Messungen am Lkw, die parallel zum Kran als Vergleich laufen, haben wir uns bewusst die Kollegen der IAV ins Haus geholt. Sie haben sehr viel Erfahrung mit der Vermessung von Fernverkehr-Lkw und sind daher unsere optimalen Partner.

Ganz schön viel Aufwand aus eigenem Antrieb. Lohnt der sich?

Dr. Hamme: Davon sind wir überzeugt. Wir forschen seit über 20 Jahren und mit einem beachtlichen Teil unseres Entwicklungsetats an der Abgasreduktion. In dieser Zeit konnten die Stickoxide und die Rußpartikel, also Feinstaub, in mehreren Schritten um ca. 97 Prozent reduziert werden. Vor der Umstellung unserer Flotte auf die Abgasemissionsstufe V haben wir mit dem Kranverleiher ESB in Biberach einen mehrere Monate andauernden Feldversuch gestartet, um den Dieselpartikelfilter und die Harnstoffdosierung im Realeinsatz beim Kunden zu beobachten und zu optimieren. Jetzt beweisen wir mit diesen unabhängigen Messungen, dass unsere Krane wirklich sauber sind. Das Ergebnis dieser Messungen ist ein wegweisender Meilenstein in der Entwicklung von Getrieben und Motoren unserer Mobilkrane.

Daniel Rössner: Wir sehen in naher Zukunft keine alternative Antriebstechnik, die den Dieselmotor komplett ersetzen könnte. Das lassen die komplexen Anforderungen an einen Mobilkran, also die Kombination aus Straßenfahrt und Betrieb auf der Baustelle, nicht zu. Daher wollen und müssen wir sicherstellen, dass unsere Mobilkrane mit ihren Motoren technologisch auf höchstem Stand sind. Moderne Mobilkrane mit dem Single Engine Concept verfügen bereits lediglich über einen Motor, der Straßenfahrt- und Baustellenbetrieb zusammen abdeckt. Alle Dieselmotoren ab Baujahr 2019, die in Mobilkrane eingebaut und in EU-Ländern, der Schweiz und Norwegen zugelassen werden, müssen der Abgasemissionsstufe V entsprechen. Die Anforderungen sind ähnlich hoch wie der Onroad-Standard Euro VI c. Daher ist diese Vergleichsmessung für uns unabdingbar.

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Dr. Martin Goschütz (TÜV NORD) und Daniel Rössner bei der Installation der Geräte am LTM.

Welche Faktoren waren während der Testreihe besonders wichtig, welche waren schwer einzuschätzen, wo mussten Sie den Prozess spontan anpassen?

Daniel Lüderitz: Ein Test ist nie einfach. Wir fahren im Konvoi. So, dass der Mobilkran vorneweg fährt, da er das bestimmende Fahrzeug aufgrund der Geschwindigkeit ist. Dann fährt der Lkw, am Ende ein Begleitfahrzeug. Wenn jetzt ein Stau wäre, würde die Zeitaufteilung der genannten Streckenteile nicht mehr passen und dementsprechend die Messungen ungültig werden. Dann müssten wir abbrechen und erneut fahren. Auch müssen wir die Vergleichbarkeit sicherstellen. Daher werden zwei verschiedene Vergleiche durchgeführt. Im ersten Vergleich wird der Lkw regelwerkkonform nach der Euro VI c geprüft. Diese Prüfung sieht eine Beladung von 50 bis 60 Prozent der maximalen Fahrzeugnutzlast vor. Im zweiten Fall wird maximal beladen, um mit dem dann 40-Tonnen-Lkw eine bessere Vergleichbarkeit zum Mobilkran, der mit 12 t Achslast, also 60 t Gesamtgewicht fährt, zu erzielen. Und: Die Aufzeichnung beginnt mit einem kalten Motor bei beiden Fahrzeugen und erfolgt über die gesamte Messdauer.

Daniel Rössner: Anpassen mussten wir zum Glück wenig während der Tests. Hier hat sich der Planungsaufwand im Vorfeld ausgezahlt. Und wir hatten auch etwas Glück, da wir eben keine unvorhersehbaren Ereignisse wie Staus oder Unfälle auf der Strecke hatten.

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Die Messvorrichtungen am LTM 1160-5.2

Jetzt wird es spannend: Wie sehen die konkreten Testergebnisse am Ende aus?

Daniel Lüderitz: Unsere Messungen zeigen, dass wir bezogen auf die Stickoxid-Emissionen mit dem Mobilkran im gleichen Bereich liegen wie mit den Ergebnissen des Lkw. Beim Kohlenmonoxid zeigen sich ebenfalls die gleichen Messbereiche und beim Kohlenwasserstoff ist zu sehen, dass wir mit dem LTM sogar deutlich unter dem Vergleichsfahrzeug liegen.

Dr. Goschütz: Bei den mobilen Messungen wurde ein bestmöglicher Vergleich zu den Euro VI c Anforderungen gestellt und die Grenzwerte wurden eingehalten.

Dr. Hamme: Jetzt, am Ende des Projektes, sind wir froh, dass wir diese aufwändigen PEMS-Tests mit unseren Kranen, gerade im Vergleich zu moderner Abgastechnologie für Lkw, mit TÜV NORD und der IAV gemeinsam durchgeführt haben. Wir konnten nachweisen, dass unsere Krane alle geforderten Grenzwerte entsprechend der Euro VI c für Nutzfahrzeuge einhalten. Im Vergleich zu einem beladenen Langstrecken-Lkw, der in großen Stückzahlen auf allen Straßen der Welt unterwegs ist, brauchen wir uns mit unseren Kranen wahrlich nicht zu verstecken. Unsere Krane sind sauber.

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Dr. Ulrich Hamme, Technischer Geschäftsführer

Das bedeutet: Ihre PEMS-Testreihe hat bewiesen, dass die Liebherr-Krane in der Praxis dem für Lkw geltenden Onroad-Standard Euro VI c bezüglich der Schadstoffemissionsgrenzwerte entsprechen. Dabei sind die Fahrzeuge in Sachen Leistung, Fahrstrecke und Aufkommen nicht vergleichbar. Was war der technische Dreh- und Angelpunkt, mit dem Sie diese starke Reduktion von Emissionen geschafft haben?

Dr. Hamme: Es war schon immer unser Anspruch, mit unseren neuesten Liebherr-Motoren und unseren modernen Mobilkranen in puncto Sauberkeit und Umweltschutz einen weiteren, einen wegweisenden, einen zukunftsorientierten Meilenstein zu setzen. Schwerpunkt sind natürlich die Motoren selbst. Diese kommen aus der Schweiz, aus unserem Schwesterwerk in Bulle – und wir entwickeln hier gemeinsam. Das ist unser absolutes Pfund. Es kann wohl kaum ein Hersteller mit der Abnahme einer so geringen Stückzahl im Jahr von sich behaupten, ein solch großes Mitspracherecht bei der Entwicklung zu haben. Dies betrifft sowohl die Hard- als auch die Software.

Für diese hier erreichte Leistung möchte ich daher ausdrücklich allen Beteiligten danken – sowohl in Ehingen, als auch in den Werken der Liebherr-Components-Sparte sowie unseren Partnern. Das Ergebnis dieses Tests zeigt, dass wir in die richtige Richtung gehen. Wir konnten das jetzt eindrucksvoll unter Beweis stellen.

Begrifflichkeiten

Abgasstufe V:

Die Abgasgesetzgebung für mobile Maschinen und Geräte erfolgt in der EU durch die Verordnung (EU) 2016 / 1628. Diese Verordnung enthält die Motorkategorien, Emissionsgrenzwerte, Einführungszeitpunkte, Anforderungen an die Haltbarkeit sowie eine Reihe von Verwaltungsvorschriften der aktuellen EU-Abgasstufe V für nicht für den Straßenverkehr bestimmte mobile Maschinen und Geräte.

EU-Norm VI c:

Die Euro VI c ist die Grenzwertstufe für Lkw-Abgasemissionen in einer Verordnung der Europäischen Union, basierend auf den Regularien des Europäischen Parlaments für Nutzfahrzeuge. Fester Bestandteil der Verordnung sind unter anderem Messungen im realen Einsatz des Fahrzeugs.Ter

PEMS-Test:

Die PEMS-Technik (Portable Emission Measurement System) – ist ein mobiles Abgasmessgerät für den realen Betrieb. Um die Emissionen mittels PEMS auf öffentlichen Straßen zu ermitteln, wird zudem das In-Service-Conformity-Verfahren (Emissionen während der Nutzung) angewendet. Für den ISC-Test werden die Fahrzeuge mit der PEMS-Technik zur mobilen Emissionsmessung ausgerüstet und im realen Straßenverkehr auf die Grenzwerte von Stickoxiden (NOx), Kohlenstoffmonoxiden (CO) und der Kohlenwasserstoffe (HC) getestet.

Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2019.