3 Minuten | Magazin 01/2020
Expertentipp: Traglasttabellen
Auch bei Wind sicher im Einsatz: Neue Traglasttabellen reduzieren Stillstand. Der Abteilung Statik kommt im Hause Liebherr eine tragende Rolle zu. Ein 10-köpfiges Team tüftelt hier unter Leitung von Joachim Henkel an der optimalen Stahlstruktur der Liebherr-Krane.
Joachim Henkel, Leiter Statik
Außerdem entwickelt es Ideen und Methoden, um Kraneinsätze sicherer und effizienter zu machen. Joachim Henkel ist seit fast 30 Jahren in der Konstruktion und Entwicklung bei Liebherr in Ehingen tätig. 2011 wurde ihm die Leitung der Abteilung Statik übertragen.
„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“ Als der griechische Philosoph und Naturforscher Aristoteles im 4. Jahrhundert v. Chr. diesen Spruch äußerte, dachte er wohl kaum an Krane. Es gab zwar zu dieser Zeit schon einfache Geräte, die mit Hilfe von Flaschenzügen Lasten heben konnten. Aber der Wind war sicher nicht die größte Herausforderung dabei.
Mit den neuen, zusätzlichen Traglasttabellen können Sie Kran-Stillstandzeiten reduzieren!
Mittlerweile ist der Wind ein entscheidender Faktor bei Kraneinsätzen, denn Hubhöhen und Windangriffsflächen von Lasten haben zugenommen. Gerade beim Bau von Windkraftanlagen in luftiger Höhe und stürmischen Gegenden ist der Wind Segen und Fluch zugleich: Er treibt die Generatoren an, erschwert jedoch deren Aufbau und Wartung.
Wenn wir auch den Wind nicht ändern können: Unsere Maschinen haben wir fit und stabil gemacht für stürmische Tage. Dies gelang uns durch neue Traglasttabellen mit höherer zulässiger Windgeschwindigkeit. Bisher waren solche Traglasttabellen schon bei einigen unserer Gittermastkrane hinterlegt. Inzwischen können aber auch neuere LTM-Modelle mit ihnen punkten. Zu Ihrem Vorteil: Reduktion von Stillstand, Zunahme von Profitabilität, Planbarkeit und Sicherheit.
Die Traglasttabellen von Kranen gelten in der Regel bei einer Böen-Windgeschwindigkeit von bis zu 9 m / s (20 mph), gemessen oben am Auslegerkopf, und einer Windangriffsfläche (inklusive cw-Wert) der Last von 1,2 m² pro Tonne. Das ist die Vorgabe einer Norm, an die sich alle Wettbewerber halten müssen. Die daraus errechnete Windbelastung ergibt 50 Newton pro Quadratmeter – das entspricht einem windigen Tag mit wehenden Baumkronen und beginnender Schaumbildung auf See.
Ein LTM 1450-8.1 montiert bei 100 Metern Hakenhöhe Litzen zum Verspannen eines Betonturmes.
Damit Sie nun aber auch bei stärkerem Wind noch sicher arbeiten können, haben wir Traglasttabellen für zusätzliche maximale Windgeschwindigkeiten errechnet und in der Kransteuerung programmiert. Beim LTM 1450-8.1 und LTM 1650-8.1 sind das 11,2 m / s (25 mph) und 13,4 m / s (30 mph), falls mit Gitterausrüstung gearbeitet wird. Im reinen T-Betrieb kommen sogar noch die Tabellen für 15,6 m / s (35 mph) hinzu. Soll heißen: Unsere zusätzlichen Traglasttabellen ermöglichen es unseren Kranen, auch bei ordentlichem Seegang fest wie ein Fels in der Brandung zu stehen.
Falls nun beim Einsatz die am Kranausleger gemessene Windgeschwindigkeit die eingestellte Tabellenwindgeschwindigkeit übersteigt, kann der Kranführer einfach auf eine Traglasttabelle mit einer höheren zulässigen Windgeschwindigkeit umschalten und damit seine Kranarbeit im Idealfall weiterführen.
Übrigens, höherer Wind hat nicht immer grundsätzlich zur Folge, dass die Traglasten reduziert werden müssen. Da viele Faktoren eine Rolle spielen, rechnen unsere Statiker hier ganz genau.
Sie als Kunde haben den Vorteil, dass Sie die maximale Leistung Ihres Kranes jederzeit abrufen können.
Und es gibt sogar noch einen weiteren Vorteil von Traglasttabellen mit höherer zulässiger Windgeschwindigkeit: Wie oben erwähnt, gilt die auf den Traglasttabellen genannte Windgeschwindigkeit für eine Windangriffsfläche der Last von bis zu 1,2 m² pro Tonne. Wird die Windangriffsfläche der Last im Kraneinsatz überschritten, muss die Windgeschwindigkeit reduziert werden. Um wieviel, ermittelt der Windgeschwindigkeitskalkulator im LICCON-Einsatzplaner. Da die auf der Traglasttabelle angegebene Windgeschwindigkeit in die Berechnung einfließt, hat es für die Durchführung des Einsatzes Vorteile, wenn diese möglichst hoch gewählt wird.
In diesem Sinne wünschen wir allezeit einen sicheren Stand.
Stürmische Grüße aus der Abteilung Statik!
Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 01 | 2020.