Mobil- und Raupenkrane

6 Minuten | Magazin 02/2018

Aus dem Nähkästchen geplaudert: Wie entstand die Liebherr-Spinne?

Es war im Oktober 2017. Eine neue E-Mail seines Vorgesetzten poppte am Bildschirmrand auf: Idee gesucht für ein technisches Highlight und Blickfang für die Kundentage 2018. Sogleich erschienen vor dem inneren Auge von Statiker Thomas Stangl die Highlights der vergangenen Kundentage: Das Kranmobile aus Raupenkranen und die M-Skulptur mit zwei sich drehenden und auf dem Kopf stehenden LTM 1750-9.1.

Die Idee eines Spinnennetzes kam mir dann ganz plötzlich

Thomas Stangl, Statiker

In Ehingen hat es Tradition, an den Kundentagen die in der ganzen Welt beliebten Mobil- und Raupenkrane auch mal in ganz anderer Form zu zeigen.

In der Mittagspause saß Thomas Stangl im ruhigen Büro. Sein Bleistift schwebte über einem leeren Blatt Papier. Er dachte nach. Krane in ungewöhnlichen Positionen gab es bereits öfters. Raupen- und Teleskopkrane wollte er vereinen. Nicht alle Ideen, die ihm einfielen, passen. Denn nicht alles lässt sich statisch machen und die Sicherheit hat natürlich Vorrang. Irgendwie sollten Raupenkrane- und Teleskopkrane vereint sein. Die Raupenkrane könnten eine Art Dach bilden, mit einem Teleskopkran darunter. „Die Idee eines Spinnennetzes kam mir dann ganz plötzlich“, erinnert sich Thomas Stangl heute. Zentraler Bestandteil der Installation, die Spinne, sollte der neue LRT-Kran sein, der damals gerade in den Markt eingeführt wurde.

Der Ingenieur zeichnete sofort eine erste Skizze seiner Idee, die auch bei seinen Kollegen gut ankam. „Sie überzeugte als außergewöhnlicher Eyecatcher, der gleichzeitig mit überschaubarem Aufwand umgesetzt werden könnte“, erzählt Stangl. Aus dieser Idee wurde gemeinsam ein passendes Motto für die Kundentage entwickelt: „In starker Verbindung“.

In freudiger Erwartung: Die Spinne krabbelt ins Netz

Vom Papier in die Praxis

Erstes Leben hauchten die Konstruktionsabteilungen der Spinne ein. Auf Basis von Thomas Stangls Skizze fertigte Konstrukteur Manfred Rechtsteiner eine detaillierte technische Zeichnung an. Dabei kam es insbesondere auf Feinheiten an, die er gemeinsam mit Kollegen ausarbeitete: Gerold Mohr untersuchte das Tragverhalten der Konstruktion unter verschiedenen Lastannahmen und Windgeschwindigkeiten bis ins kleinste Detail. Die Konstruktion von Vorrichtungen, an denen der LRT-Kran zentral im Schwerpunkt aufgehängt werden konnte, übernahm Alexander Springer.

Dann spinnt die Spinne ihr Netz weiter und gelangte auf die Liebherr-Kranabnahme. Die drei Hauptverantwortlichen für die praktische Umsetzung, Wolfgang Grab, Josef Ried und Benjamin Lock, erinnern sich an ihren ersten Eindruck: „Die Zeichnung sah interessant aus, so etwas gab es noch nie. Auch die praktische Umsetzung erschien machbar, obwohl man natürlich die Frage im Hinterkopf hat, welche Herausforderungen noch auftreten werden. Theorie und Praxis ist immer ein Unterschied. Insgesamt hatten wir von Anfang an ein gutes Gefühl.“

Das Ziel war nicht nur, die Idee technisch umzusetzen, sondern auch eine ansprechende Optik zu schaffen. Normale Stahlseile als Spinnennetz schieden auf Grund der schlechten Sichtbarkeit aus. Mit Thomas Stangl und Manfred Rechtsteiner im Boot entschieden sich die kreativen Köpfe für gut sichtbare, textile Rundschlingen in orange. Für die nicht tragenden Verbindungen wurden Hanfseile durch leere Hüllen der Rundschlingen gezogen.

Was für jede Spinne ein Leichtes ist, war bei Liebherr eine Herausforderung: Wie lässt sich vermeiden, dass die Seile durchhängen? „Das Seilgewicht und die Arbeitshöhe waren nicht zu unterschätzen. Wir hatten vorab verschiedene Versuche gemacht und uns für Umlenkrollen entschieden. Die nichttragenden Seile liefen über diese Rollen nach unten und konnten so mit Gewichten gespannt werden“, sagt Benjamin Lock. Bei der Detailplanung stand im Fokus, dass Teile eingesetzt werden, die im Nachgang wiederverwendet werden können. Das war sowohl mit den Textilbändern, als auch mit den Umlenkrollen gut gelungen und sorgte für einen überschaubaren Kostenaufwand.

Nichts geht ohne Test

Bei den Kundentagen waren rund 3.000 Augenpaare auf die Installation gerichtet – nicht eingerechnet die Anwohner und Pendler, die die Spinne auch von der Umgebung aus bewundern konnten. Der erste Test fand nur zwei Wochen vor den Kundentagen statt. Ein Team mit insgesamt zehn Mann der Kranabnahme war mit dem Sonderprojekt beschäftigt. „Wir wollten die Spannung aufrechterhalten – hätten wir schon wesentlich früher getestet, wären sicher bereits Bilder unserer Installation im Netz und in den sozialen Medien gelandet“, erläutert Josef Ried den späten Testlauf. „Eine Herausforderung beim Test war, dass an beiden Raupenkranen synchron gearbeitet werden musste.“

Der Testlauf verlief erfolgreich. Schwierig wurde es erst, als kurz darauf stürmischer Wind die nicht tragenden Seile extrem verwickelte. Mehrere Arbeiter waren anschließend für einige Stunden in rund 50 Meter Höhe damit beschäftigt, diese zu entwirren. Dann musste das Planungsteam noch eine letzte Idee umsetzen: die Beleuchtung der Spinne. „Da habe ich schon schwer geschnauft“, erinnert sich Josef Ried. „Im Nachhinein war die Anbringung der Leuchten aber eine sehr gute Idee. Das hat toll ausgesehen!“ Auch bei der Entwicklung kam das Motto der Kundentage so zum Tragen: Viele Beteiligte arbeiteten eng zusammen, um die Liebherr-Spinne zum Markenzeichen für die Kundentage 2018 zu machen.

Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 02 | 2018.

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