Mobil- und Raupenkrane

8 Minuten | Magazin 01/2020

Second Life — gebrauchte Krane in neuem Gewand

Es war im Februar 1969, als Hans Liebherr den Grundstein unserer Kranfabrik legte. Heute sind wir das weltweit modernste Werk für Mobil- und Raupenkrane – und unser Anspruch an die eigene Qualität und Nachhaltigkeit ist ungebrochen hoch.

Kürzlich fragte ein afrikanischer Kunde ganz dringend einen LG 1750 an. Neugerät? Neun Monate. Gebrauchtkran? Acht Wochen!

Bernd Rechtsteiner, Leiter der Abteilung Gebrauchtkran-Vertrieb

First Class trotz Second Hand: Liebherr-Gebrauchtkrane bieten Bestleistung

Um das eine mit dem anderen zu verbinden, nehmen wir bereits seit den 70er Jahren Gebrauchtkrane unserer Kunden zurück und verkaufen sie „secondhand“. Dieses Geschäftsfeld ist uns strategisch so wichtig, dass es seit 40 Jahren von einer dafür eigens eingerichteten Abteilung gemanagt wird. Dieses Team des Gebrauchtkran-Vertriebs feierte im Sommer 2019 in bester Laune sein ganz eigenes Jubiläum: An dem Tag nämlich, als der zehntausendste gebrauchte Kran einem Kunden übergeben wurde. Erste Klasse!

Neben Qualität und Nachhaltigkeit gibt es für unsere Kunden noch mehr trifftige Gründe, einen guten Secondhand-Kran zu erstehen. „Natürlich ist die deutlich geringere Finanzierungshöhe ein Aspekt“, weiß Bernd Rechtsteiner, der die Abteilung seit dem Jahr 2012 leitet. „Aber auch die Wartezeit kann ein wichtiger Faktor sein“, erklärt der diplomierte Betriebswirt. Denn der Pulsschlag am Bau ist hoch: Wenn ein Kranunternehmen kurzfristig den Zuschlag für den Bau von Großprojekten wie Windparks bekomme, könne die übliche Lieferzeit für einen fabrikneuen Kran zum Problem werden. „Kürzlich fragte ein afrikanischer Kunde ganz dringend einen LG 1750 an. Neugerät? Neun Monate. Gebrauchtkran? Acht Wochen!“ In derlei Konstellationen ist das Team rund um Bernd Rechtsteiner stolz und glücklich, dem Kunden einen First-Class-Kran aus dem Secondhand-Pool anbieten zu können – und der Kunde greift gerne zu.

Brückenbau in Finnland: Auch der „neue“ LTM 1750-9.1 von Helaakoski stammt aus dem Liebherr-Pool der Gebrauchtgeräte. Seit wenigen Monaten ist der frisch lackierte 9-Achser im Einsatz – und übrigens der stärkste Mobilkran im Land.

Bernd Rechtsteiner, Leiter der Abteilung Gebrauchtkran-Vertrieb

So ist auch Frankreich ein wichtiger und großer Markt für Liebherr-Gebrauchtkrane. Die Firma S.E Levage orderte Ende 2019 bereits den dritten Großkran für ihre Flotte. Mit dem 2016 erstandenen LTM 11200-9.1 holte das nahe der Schweizer Grenze angesiedelte Unternehmen sogar den bis dato stärksten Kran ins Land. „Bei der Übergabe im Liebherr-Werk in Ehingen war der Kran wie neu“, erinnert sich der damalige Fahrer Christophe Thenery. Auf Wunsch von S.E Levage waren alle Krane komplett werksüberholt und neu lackiert worden. Auch über eine sechsmonatige Gewährleistung verfügten sie. Im Alltag ist es dem Unternehmen auch dank dieser Power-Flotte möglich, engagiert Windparks zu bauen und damit die französische Strategie einer vermehrten Nutzung von erneuerbaren Energien umzusetzen. So waren Ende 2019 alle drei Großkrane bei der Errichtung zahlreicher Windkraftanlagen im Einsatz.

Auch der französische Mitbewerber Mediaco greift auf den Ehinger Pool von Gebrauchtkranen zurück, um seine Flotte mit 1a-Qualität zu erweitern. Vergangenes Jahr wurden an diesen landesweit größten Kran- und Schwerlast-Logistiker ein LG 1750 sowie ein Raupenkran vom Typ LR 1600/2 geliefert. Auch Mediaco entschied sich dabei jeweils für eine Komplettüberholung und einen Anstrich im Corporate Design der Firma. Beides ist jedoch nicht zwingend. „In welchem Zustand der Kunde den Kran von uns übernimmt, hat er selbst in der Hand", erklärt Bernd Rechtsteiner. „Ob gekauft wie gesehen, mitsamt Kurzinspektion oder nach einer umfassenden Werksüberholung mit Technik-Upgrade und Gewährleistung – der Kunde entscheidet das ganz frei.“

Herausgeputzt: Frisch lackiert glänzt der acht Jahre alte LG 1750 von S.E Levage bei seinem ersten Einsatz auf einer Windkraft- Baustelle im Norden Frankreichs. Hier setzt der Kran ein 72 Tonnen schweres Maschinenhaus auf einen Anlagenturm. In seinem ersten Leben war der Gittermastkran in einem schottischen Hafen fest stationiert.

Bei Bedarf von Kontinent zu Kontinent

Kauft Liebherr in Deutschland Mobil- und Raupenkrane zurück, dann landen diese zuerst in Ehingen oder in den Reparaturzentren Alt Bork (nahe Berlin) und Oberhausen. In anderen Ländern werden die Geräte in den lokalen Niederlassungen geparkt oder vor Ort geprüft und dann direkt zum neuen Besitzer spediert. Das geschieht auch über Kontinente hinweg, wenn erforderlich. Eine der längsten Reisen absolvierte letztes Jahr ein Raupenkran vom Typ LR 11350: Einzig und allein an der Grenze zwischen USA und Kanada war ein solches Modell kurzfristig verfügbar. „Kurzerhand“ (und natürlich mit entsprechender Sorgfalt) wurde der Riese also von Houston über Genua ins russische Noworossijsk verschifft. Mission erfüllt, Kunde glücklich, Projekt gerettet. Der allergrößte Teil der Krane allerdings wird in Europa platziert und dort wiederum in Osteuropa, wo die meisten Käufer von Gebrauchtkranen zu finden sind.

Übrigens sind wir von Liebherr nicht nur die einzigen Kranhersteller, die secondhand verkaufen. Sondern gleichzeitig auch der größte Händler von gebrauchten Kranen weltweit. Rund 250 Geräte setzen Bernd Rechtsteiner und sein Team in einem Jahr ab – vom kleinen 2-Achser bis hin zum mächtigen Raupenkran. Auf der Liebherr-Homepage finden sich zwar meist nur etwa 30 zum Kauf stehende Gebraucht-Geräte. „Aber nicht, weil wir nur so wenige anbieten“, so Abteilungsleiter Rechtsteiner. „Vielmehr ist es so, dass wir oft lange im Voraus wissen, wann welcher Kran zurückkommt und wer einen solchen sucht. Dadurch können wir dann eben auch sehr schnell und präzise auf die spezifischen Kundenanfragen reagieren.“

Die strategische Bedeutung bekommt der Secondhand-Handel übrigens durch seinen Charme als Türöffner. In wirtschaftlich aufstrebenden Regionen wie aktuell Südafrika und Australien sind die preiswerten Gebrauchten unsere Eintrittskarte für neue Märkte und Kunden. „Auch dort sind wir für Qualität und Werthaltigkeit bekannt“, weiß Rechtsteiner. „Immerhin können unsere Mobilkrane weit über 25 Jahre alt werden, Gittermastkrane sogar noch älter. Zusammen mit dem leistungsstarken, weltweiten Service-Netzwerk, unseren guten Kundenbeziehungen und der geringeren Kapitalbindung sind das ganz triftige Argumente zu unseren Gunsten.“

5.800 m² großes Reparaturzentrum im Liebherr-Werk in Ehingen

Upgrade mit technischen Neuerungen und aktuellen Features

Nicht zu vergessen ist zudem die große Vielfalt der Erweiterungsmöglichkeiten. Denn selbstverständlich bietet Liebherr seinen Kunden die Option, die gebrauchten Krane mit technischen Neuerungen – soweit möglich – nachzurüsten oder deren Equipment zu erweitern. So hat Mediaco beispielsweise für seinen LG 1750 eine zweite Winde und Modifikationen an der Ballastierung bestellt. Auch wurden die Derricksysteme beider Großkrane mit dem praktischen, weil teilbaren Ballast „VarioTray“ ausgestattet. Dadurch hat Mediaco zwei Geräte erhalten, die dem aktuellen Stand der Technik entsprechen. Aus Alt mach Neu – und ein Gerät, das einem jungfräulichen in Nichts nachsteht. Echte first class aus zweiter Hand also!

Dieser Artikel erschien im UpLoad Magazin 01 | 2020.

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